«Für nächste Woche können wir die Aufhebung der Quarantäne und die Umwandlung der Homeoffice-Pflicht in eine Empfehlung diskutieren.» Das hat Bundesrat Alain Berset am Freitag an einer Medienkonferenz im Kanton Aargau angekündigt – und damit viel Hoffnung auf ein Ende der Pandemie versprüht. Wird Berset also an der Bundesratssitzung am nächsten Mittwoch Lockerungen verkünden? Der Gesundheitsminister nimmt Stellung in der voraufgezeichneten Samstagsrundschau.
SRF News: Haben Sie an der Medienkonferenz in Aarau das Ende der Pandemie versprochen?
Alain Berset: Das glaube ich nicht, aber das Ende der akuten Phase, wo der Bund so viel intervenieren musste, um die Situation im Griff zu haben. Ich glaube, wir haben jetzt eine Perspektive, die seit Langem nicht mehr so gut gewesen ist wie heute.
Der Bundesrat wird lockern – ab dem Moment, an dem es möglich ist. Das haben Sie verschiedentlich betont. Gibt es konkrete Kriterien, bis es so weit ist?
Wir brauchen Vernehmlassungen bei den Kantonen und Sozialpartnern. Es gibt zum Beispiel Massnahmen, die schon in der Vernehmlassung waren, wie die Aufhebung der Quarantänepflicht oder der Homeoffice-Pflicht. Da könnte der Bundesrat in wenigen Tagen entscheiden. Für die Aufhebung anderer Massnahmen braucht es hingegen noch eine Vernehmlassung. Wenn man jedoch die Entwicklung der Pandemie anschaut, haben sich nur letzte Woche etwa zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert. Trotz sehr hohen Fallzahlen ergibt sich also kein Problem im Spitalbereich – und das ist massgebend für den Bundesrat.
Massnahmen, die heute nicht mehr viel bringen, weil sich die Situation geändert hat, müssen wir selbstverständlich aufheben.
Massnahmen, die heute nicht mehr viel bringen, weil sich die Situation geändert hat, müssen wir selbstverständlich aufheben. Der Bundesrat hat immer gesagt, die Massnahmen sind nicht da, um zu bleiben. Viele haben uns nicht geglaubt, aber es war die Wahrheit. Die Massnahmen sind nur da, um eine gute Situation für unser Land zu schaffen.
Was sagen Sie zu den weiteren Forderungen aus der Wirtschaft und dem Gewerbeverband, die zudem Isolations- und Zertifikatspflicht aufheben wollen?
Zur Zertifikatspflicht in der Schweiz wird es sicher eine Diskussion geben. Sie wird aber für Reisen ins Ausland sicher noch eine Weile bleiben. Die Isolationspflicht scheint mir momentan noch ein wichtiger Punkt zu bleiben. Es wäre für die Wirtschaft auch ungünstig, wenn Leute, die mit ziemlicher Sicherheit ansteckend sind, in den Betrieb kommen können.
Karl Lauterbach, der Gesundheitsminister Deutschlands, warnt schon seit Langem, dass man die Kinder nicht durchseuchen lassen soll. Trotzdem hat man den Eindruck, dass dies in der Schweiz anders beurteilt wird. Können Sie das erklären?
Wir haben generell versucht, einen Weg zu wählen, der das Leben der Bevölkerung so wenig wie möglich beeinträchtigt. Zum Beispiel wollten wir die Sportmöglichkeiten für die Kinder sehr früh schützen. Denn es gibt neben dem Risiko sich anzustecken auch das Risiko einer psychischen Belastung für die Kinder.
Man kann sicher nicht sagen, dass wir nicht auf die Kinder achtgegeben haben.
Das Problem mit der Omikron-Welle ist, dass sich trotz strengen Massnahmen sehr viele Kinder angesteckt haben, das kann man kaum mehr bremsen. Man kann aber sicher nicht sagen, dass wir in der Schweiz nicht auf die Kinder achtgegeben haben – im Gegenteil. Das maximale Leiden schafft man, wenn man die Schulen zumacht. Das haben wir gelernt.
Wissen Sie schon, ob Sie nach Ihrem Amt als Bundespräsident nächstes Jahr nochmals antreten werden?
Ich bin seit bald zwei Jahren jede Minute in der Politik – hauptsächlich, um diese Pandemie zu bekämpfen. Dieses Jahr werden noch wichtige Vorlagen kommen. Die Fragen um meine Zukunft werden einmal kommen, aber zum richtigen Zeitpunkt.
Das Gespräch führte Oliver Washington.