Ab heute können Einwohnerinnen und Einwohner sowie Touristen in Südbünden einen freiwilligen Corona-Schnelltest machen. Insgesamt 35'000 Personen aus 18 Gemeinden sind angesprochen. Ziel dieser Aktion ist es, von heute bis Sonntag 20’000 Schnelltests zu machen. Was das bringen soll, erklärt Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler.
SRF News: Welchen Nutzen verspricht man sich im Kanton Graubünden von solchen Massentests?
Thomas Häusler: Der Kanton will sich einen besseren Überblick über die Infektionsrate verschaffen. Er will auch die Ausbreitung bremsen. Die Behörden hoffen, möglichst viele Leute zu finden, die das Coronavirus unerkannt in sich tragen. Sie sollen in Isolation. Das soll die Übertragungsketten unterbrechen. Und zu guter Letzt will der Kanton in Südbünden mit diesem Pilotprojekt Erfahrungen sammeln.
Wie viele Menschen müssen mitmachen, damit die Resultate aussagekräftig sind?
Experten sprechen von mindestens zwei Drittel bis zu 80 Prozent der Bevölkerung. Das sind etwa diese 20'000 Personen. So könnte ein dämpfender Effekt erzielt werden. Es hängt auch von anderen Faktoren ab, zum Beispiel, wie hoch die Fallzahlen im Kanton sind und wie viele Menschen, die positiv getestet wurden, auch wirklich in Isolation gehen.
Die Bevölkerung muss auf verschiedenen Ebenen mitmachen, damit so etwas erfolgreich sein kann. Im Kanton Graubünden haben sich bisher 10'000 Menschen zu den Tests angemeldet.
In der Schweiz ist das ein Novum. Das Ausland hat schon Erfahrungen gesammelt, zum Beispiel das Südtirol. Wie erfolgreich waren die Tests im Ausland?
Die Bilanz ist bisher recht durchzogen. Wenn es um die Teilnahme ging, war man in der Slowakei mit 80 Prozent sehr erfolgreich, allerdings war dieser Test dort quasi obligatorisch. Im Südtirol waren es zwei Drittel, obwohl der Test freiwillig war, das ist beachtlich. Auch in Österreich läuft gerade ein Massentest, dort nehmen aber viel weniger Leute teil.
Die obligatorischen Tests in der Slowakei wurden wissenschaftlich begleitet und die Studie zeigte, dass sie vermutlich eine spürbare Wirkung hatten. Allerdings muss man sagen, die Analyse war sehr kompliziert, weil parallel dazu auch strenge Schutzmassnahmen eingeführt wurden. Diese Effekte auseinanderzuhalten, ist nicht einfach. Die Forscher haben das mit sehr viel Mathematik probiert.
Trotzdem sind nicht alle Experten vom positiven Schluss der Analyse überzeugt. Und ein paar Wochen nach den Massentests steigen die Zahlen in der Slowakei nun wieder. Man muss nach solchen Tests am Ball bleiben, damit die Wirkung bleibt.
Bis wann kann man im Fall von Graubünden mit Resultaten rechnen?
Die Menschen erhalten ihr Testresultat per SMS sehr schnell. Die Aktion läuft bis Sonntagabend. Am Montag um 10 Uhr informiert der Kanton über die Resultate. Ob die Aktion die Übertragungen vermindert, wird man in zwei Wochen sehen. Wobei auch hier wieder die Massnahmen dazukommen, die in den letzten Tagen eingeführt wurden. In Graubünden sind ja die Bars und Restaurants geschlossen und all das wirkt sich verzögert aus. Vielleicht hat man in Südbünden den Effekt, dass die Fallzahlen mehr sinken als im Rest des Kantons. Das würde man sich wünschen.
Das Gespräch führte Roger Aebli.