Omikron, neue Medikamente und die hohe Immunität in der Bevölkerung – dieser Mix führt jetzt auch in den Schweizer Spitälern zu Lockerungen. Swissnoso – das nationale Kompetenzzentrum für Infektionsprävention – empfiehlt neu nur noch Eintrittstests für Risikopersonen.
Wer ins Spital muss, wird beim Eintritt standardmässig auf Corona getestet. So jedenfalls machten das bisher fast alle Spitäler. Jetzt aber hat der Verein Swissnoso, welcher Fachleute aus den Gebieten Infektionskrankheiten und Spitalhygiene vereinigt, seine Empfehlungen angepasst und rät neu, nicht mehr jede Person zu testen, die ins Spital eintritt.
Swissnoso-Präsident Andreas Widmer sagt: «Bei der Menge an Leuten, die gegenwärtig in der Gesellschaft angesteckt werden, ist es kaum mehr möglich, Corona-Ansteckungen in den Spitälern zu verhindern.» Und solche Ansteckungen zu verhindern, sei heute auch viel weniger entscheidend als noch vor sechs oder zwölf Monaten: «Wir haben heute verschiedene Medikamente, wir haben monoklonale Antikörper. Die Heilungschancen sind jetzt viel besser als früher.» Klar ist aber, dass Risikopatientinnen und -patienten weiterhin getestet werden, um ja keine Infektion zu verpassen, die zum Beispiel für immunsupprimierte Personen ungleich gefährlicher sein kann.
Grosse Spitäler bleiben vorsichtig
Wie die Spitäler die neuen Empfehlungen umsetzen, ist ihnen überlassen. Vor allem grössere Spitäler, wie auch die Universitätsspitäler, bleiben noch vorsichtig. Das Kantonsspital Aarau zum Beispiel testet neue Patientinnen und Patienten nicht mehr am ersten und am dritten Tag, sondern nur noch beim Eintritt.
Wenn wir nicht mehr merken, wenn ein eintretender Patient Covid hat, kann er seine Mitpatienten im Zimmer anstecken.
Chef-Infektiologe Christoph Fux hält einen vollständigen Verzicht auf Eintrittstests im Moment noch für verfrüht: «Wenn wir nicht mehr merken, wenn ein eintretender Patient Covid hat, kann er seine Mitpatienten im Zimmer anstecken. Darum wollen wir wissen, wer Covid hat.» Aber auch Fux kann sich vorstellen, dass Patientinnen und Patienten schon bald nur noch vor einer Operation auf Corona getestet werden.
Auch das Berner Inselspital lässt im Moment noch Vorsicht walten. Der Leiter der Spitalhygiene, Philipp Jent, sagt, in ein paar Wochen werde voraussichtlich auch das Inselspital auf die flächendeckenden Eintrittstests verzichten. Immer unter der Voraussetzung, dass die Infektionszahlen weiter sinken würden.
Schutzmassnahmen werden gelockert
Lockerungen gibt es in den Spitälern auch bei den Corona-Schutzmassnahmen. So könne zum Beispiel auf Handschuhe verzichtet werden, sagt Swissnoso-Präsident Andreas Widmer, der von einer «Normalisierung» spricht. Corona entwickelt sich also zunehmend in Richtung einer «gewöhnlichen» Krankheit wie der Grippe, und entsprechend reduzieren die Spitäler allmählich den Aufwand im Umgang mit Corona.
Wenn wir alles auf Corona fokussieren, gehen andere Präventionsmassnahmen verloren.
Es sei auch aus spitalhygienischer Sicht sinnvoll, in den Spitälern jetzt den einseitigen Fokus auf Corona allmählich aufzugeben und den Blick wieder auf alle Infektionen zu richten, meint Widmer: «Wenn wir alles auf Corona fokussieren, gehen andere Präventionsmassnahmen verloren.» Daten aus den USA würden zeigen, dass zum Beispiel Blutvergiftungen durch den Katheter oder Lungenentzündungen in den Spitälern deutlich zugenommen hätten. Das seien die Kollateralschäden der zweifellos richtigen, aber einseitigen Konzentration auf Corona in den letzten zwei Jahren.