Es sei ein bedeutender Tag für die Wissenschaft und die Menschheit, sagten Vertreter der Pharmaunternehmen Pfizer aus den USA und Biontech aus Deutschland. Der Grund ihrer Freude: Sie haben erste Wirksamkeitsdaten ihres potenziellen Corona-Impfstoffes veröffentlicht.
Pfizer und Biontech sprechen von einem bedeutenden Tag. Ist das so?
Das sind erstmal erfreuliche Daten, und es geht dabei ausgerechnet um einen Impfstoff, der vom Wirkprinzip her völlig neu ist. Es war komplett offen, ob das so überhaupt funktioniert. Und jetzt ist klar: Prinzipiell offenbar ja, und das zumindest nach den bisherigen Daten ohne relevante Nebenwirkungen. Aber es sind schon noch einige Fragen offen.
Das sind erfreuliche Daten, und es geht dabei ausgerechnet um einen Impfstoff, der vom Wirkprinzip her völlig neu ist.
Wo sind die offenen Fragen?
Erstens sind das sehr frühe Daten. Sie sagen etwas über den Impfschutz sieben Tage nach der zweiten Impfdosis. Es zeigt sich: Der Impfstoff löst eine Immunreaktion aus, was gut ist. Aber das sagt noch wenig über die Impfwirkung auf Dauer. Auch was die Nebenwirkungen angeht, braucht es noch mehr Daten von mehr Probanden über einen längeren Zeitraum.
Es fehlen Daten dazu, ob auch Ältere unter den Geimpften sind.
Ausserdem stammt alles, was bisher an Information öffentlich ist, aus einer Pressemitteilung der beiden Firmen. Es gibt noch keine Studie, die andere Forscher und Forscherinnen genauer auf ihre Aussagekraft prüfen könnten. Das ist unbefriedigend.
Und schliesslich – und das ist vielleicht der Hauptpunkt – fehlen Daten dazu, ob auch Ältere unter den Geimpften sind. Denn diese sind nun einmal am stärksten gefährdet, und man weiss, dass es schwerer ist, bei älteren Menschen mit einem Impfstoff eine wirksame Immunantwort auszulösen.
Was ist das Besondere an diesem Impfstoff?
Das ist ein RNA-Impfstoff, genauso wie jener der Firma Moderna. Dabei werden nicht Virusfragmente oder abgetötetes Virus injiziert, sondern nur RNA, ein genetischer Bauplan für bestimmte Virusfragmente. Die Zellen im Körper der Geimpften bauen die Virusfragmente dann selbst, und die lösen dann die Immunantwort aus. Es ist das erste Mal, dass das breit im Menschen ausprobiert wird.
Wenn das bei diesem einen Impfstoff gut funktioniert, spricht einiges dafür, dass es auch bei anderen funktioniert.
Heisst das, dass andere Impfstoffe schlechter funktionieren werden?
Nein, im Gegenteil. Bei allen Unterschieden: Das Virusfragment, auf das dieser Impfstoff zielt, ist das Spike-Protein, also die Stacheln, die man auf den Bildern vom Corona-Virus immer sieht. Und einige der anderen Impfstoffe zielen auch auf diese Spikes. Wenn das bei diesem einen Impfstoff gut funktioniert, spricht einiges dafür, dass es auch bei anderen funktioniert.
Wie geht es nun weiter? Könnte der Impfstoff schon bald auf den Markt kommen?
Es spricht einiges dafür, dass das jetzt schnell gehen kann. In zwei Wochen liegen nach Angaben der Pharmafirmen die erforderlichen Mindestdaten vor, um bei der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA eine Art Express-Zulassung zu beantragen. Und auch die Produktion ist bei dieser Art Impfstoff relativ simpel.
Es spricht einiges dafür, dass das jetzt schnell gehen kann.
In der Schweiz läuft bereits ein sogenanntes rollendes Zulassungsverfahren. Das ist keine Express-Zulassung wie in den USA, aber die Behörde prüft die Daten laufend, nicht erst dann, wenn die Studie abgeschlossen ist. Es kann wirklich relativ schnell gehen, vorausgesetzt die Daten sind auch auf Dauer so positiv, wie es in dieser frühen Auswertung aussieht.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.