Die Mobilfunkanbieter stehen unter Druck. Sie wollen 5G möglichst schnell und flächendeckend senden. Hugo Lehmann, Leiter nicht-inionisierende Strahlung (NIS) von Swisscom: «Wir wollen Technologieführer sein.» Kunden sollen so schnell wie möglich davon profitieren können. Es geht um ein Milliardengeschäft.
120‘000 Franken auf die Hand für einen Antennenstandort
Weil viele bestehende Antennen bereits am Strahlungslimit senden, können diese nicht mit 5G aufgerüstet werden. Deshalb braucht es viele neue Antennenstandorte. Die Branche spricht von mindestens 15'000.
Die Anbieter sind bereit, viel hinzublättern. Wie viel genau, wollte bis anhin keiner sagen. Jetzt liegt «Kassensturz» erstmals ein Angebot von Sunrise vor. Für eine Antenne auf einem Mehrfamilienhaus im Kreis 4 der Stadt Zürich bietet Sunrise 120'000 Franken. Entweder als Einmalzahlung, oder in Raten über 15 Jahre.
Verunsicherte Anwohner
Doch die Hauseigentümerfamilie lehnt ab. Es gebe zu viele Unbekannte. «Wir wollen nicht auf Kosten von anderen etwas aufs Dach stellen, ohne zu wissen, ob es gesundheitsschädlich ist.»
Anderswo wird schon gebaut. «Plötzlich war das Baugespann ausgesteckt im letzten Sommer», sagt Christoph Schilling aus dem Zürcher Enge-Quartier. 20 Meter vor seinem Kinderzimmerfenster will Salt eine Mobilfunk-Antenne bauen.
Seither sind nicht nur er und seine Familie, sondern das ganze Quartier in Aufruhr. 450 Anwohner haben eine Petition an die Regierung unterzeichnet.
Einsprache bei jedem dritten Gesuch
Die Skepsis in der Bevölkerung aber ist gross. Swisscom bestätigt: Bei jedem dritten Baugesuch gibt es Einsprachen.
Klar ist: das neue Netz soll viel schneller, viel leistungsfähiger sein. Und es reagiert fast in Echtzeit. Das macht es interessant für die industrielle Anwendung.
Markus Durrer, Elektroingenieur und Mitglied der Vollzugsbegleitgruppe Mobilfunk des Bundesamtes für Umwelt kann die Verunsicherung in der Bevölkerung verstehen. Vieles sei unklar: Wie die Kontrollmessungen aussehen würden. Ob Strahlengrenzwerte erhöht würden.
«Wir möchten keinen Wildwuchs»
Die Stadt Zürich stellt sich auf den Standpunkt, dass die Wahl der Antennenstandorte reine Sache zwischen den drei Anbietern und den privaten Hauseigentümern sei. Lucas Bally vom Hochbauamt der Stadt Zürich: «Wir greifen nicht ein in die Planung der Betreiber, weil dadurch unsere neutrale Stellung gefährdet wäre.»
Anders die Gemeinde Ostermundigen im Kanton Bern. Sie kennt ein Antennenreglement mit einem Zonenplan, der klar sagt, wo Antennen erwünscht sind und wo nicht. «Wir möchten keinen Wildwuchs. Wir haben ein Interesse, wie sich diese Gemeinde entwickelt und aussieht», sagt Maya Weber Hadorn, Hochbauvorsteherin von Ostermundigen.
Das ist auch die Meinung von Christoph Schilling vom Zürcher Enge-Quartier: «So wie man ein Strassennetz plant, sollte man auch Antennennetze planen.»