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Debatte im Parlament Politik will Armee für die Zukunft wappnen

Die Armee soll wieder aufgerüstet werden. Aber wie und gegen welche Bedrohung? Das sind die Szenarien und Ansichten verschiedener Akteure.

Darum geht es: In der Armeebotschaft wird die strategische Ausrichtung der Armee für die nächsten zwölf Jahre festgelegt. Der Bundesrat schlägt drei Varianten vor.

Das sind die Varianten: Die erste geht davon aus, dass die militärische Bedrohung aus der Distanz am wahrscheinlichsten ist. In der zweiten Variante wird die Armee auf mehrere Szenarien vorbereitet: auf Bedrohungen aus der Distanz mit Luftschlägen und einem militärischen Angriff. Für den Bundesrat ist dieses breite Fähigkeitsprofil das geeignetste. Zudem soll die Armee besser gegen Cyberangriffe und Desinformation vorgehen können. Die dritte Variante geht von einem umfassenden militärischen Angriff aus.

Das sagen junge Armeeangehörige: In der Unteroffiziersschule der Artillerie und Aufklärung in Bière (VD) ist die Bedrohungslage ein Thema. «Ich denke nicht, dass die Schweiz bald direkt bedroht sein könnte, aber wir haben viele umliegende Kriege, die nicht weit entfernt sind. Das macht mir schon auch Sorgen», sagt die angehende Unteroffizierin Chiara Cavezzan.

Er habe «in der nahen Zukunft gar keine Angst», sagt Alexander Kunz. Wenn sich der Krieg im Osten aber weiter ausbreite, dann müsse man mehr Massnahmen in der Schweiz treffen, so der angehende Unteroffizier.

Das sagt die Politik: Im Bundeshaus gehen die Meinungen auseinander. «Wir müssen uns ganz klar auf Variante drei vorbereiten, das ist der umfassende Angriff. Dann haben wir alles abgedeckt», sagt der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann. Eine Mehrheit der Sicherheitskommission des Ständerates will denn auch den Zahlungsrahmen aufstocken, damit schon 2030 ein Prozent des BIP für die Armee ausgegeben werden kann. Ganz anders sieht es die Solothurner SP-Ständerätin Franziska Roth. «Die realistischen Szenarien sind nicht die, dass fremde Panzer auf Schweizer Boden stehen oder ein starker Luftangriff die Schweiz betrifft.» Viel realistischer seien Terror- oder Cyberangriffe. Da müsse die Armee unterstützen können.

Soldaten in Tarnkleidung führen eine Übung im Freien durch.
Legende: In der Armeebotschaft wird die strategische Ausrichtung der Armee für die nächsten zwölf Jahre festgelegt. Keystone/Gaetan Bally

Das sagt der Historiker: Im Ersten und Zweiten Weltkrieg sei es vor allem darum gegangen, mit der bewaffneten Neutralität den Krieg von der Schweiz fernzuhalten, sagt der emeritierte Militärhistoriker Rudolf Jaun. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Armee aufgerüstet, zur Verteidigung gegen den Warschauer Pakt unter der Führung der Sowjetunion. Der Ausbau sei in den 1950er-Jahren auch durch die Ungarn-Krise möglich geworden. Damals gab es in Ungarn einen Aufstand gegen das kommunistische Regime. Die Sowjetunion liess diesen blutig niederschlagen.

Nach dem Mauerfall wurde die Schweizer Armee anders ausgerichtet, auf Schutz und Rettung sowie Friedensmissionen. Zugleich sollte die Verteidigung erhalten bleiben, die Mittel wurden aber abgebaut. Jetzt befinde sich die Armee aber erneut am Scheideweg, sagt Rudolf Jaun. «Jetzt haben wir den Ukrainekrieg als Argument und das ermöglicht es politisch, die Armee wieder aufzubauen.»

Rendez-vous, 03.06.2024, 12:30 Uhr;kesm

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