Der Bundesrat will, dass die Organspende zum Normalfall wird – falls der oder die Betroffene zu Lebzeiten nichts Gegenteiliges kundgetan hat. Das erstaunt. Denn noch vor wenigen Jahren lehnte die Landesregierung die sogenannte Widerspruchslösung aus ethischen Gründen strikt ab.
Die damaligen Bedenken des Bundesrats – es gehe zu weit, wenn alle erwachsenen Personen als mögliche Organspender gälten, ausserdem sei das ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte – seien nicht einfach verschwunden, sagt Susanne Nyffeler vom Bundesamt für Gesundheit. Doch die Regierung suche jetzt bewusst die öffentliche Debatte, «damit ein informierter Entscheid darüber getroffen werden kann.»
Ob die Schweiz ihre Organspende-Politik grundsätzlich ändern soll, wurde zuletzt 2013 debattiert. Damals war eine Widerspruchslösung weder beim Bundesrat noch im Parlament mehrheitsfähig. Einerseits wurden ethische Gründe vorgebracht, andererseits hiess es, das Schweizer Gesundheitswesen sei noch nicht bereit für einen Systemwechsel.
Das Gesundheitswesen ist jetzt bereit
Inzwischen habe man dank eines Aktionsplans bei den Voraussetzungen im Gesundheitswesen aber aufgeholt, sagt Nyffeler. So wurden zum Beispiel die Abläufe vereinheitlicht oder die Ausbildung der medizinischen Fachpersonen verbessert. Allerdings hat der Aktionsplan nicht genug gebracht. So ist die Spenderrate, die sich der Bund zum Ziel gesetzt hatte – die Zahl der Spenden pro Einwohner – bislang nicht erreicht worden.
Nun also zündet der Bund die nächste Stufe und zieht einen Systemwechsel doch in Betracht. Er hofft, dass dadurch Betroffene weniger lang auf ein Spenderorgan warten müssen.