- Nach der Postauto-Affäre gerät nun die Abrechnungspraxis beim Poststellen-Netz mehr und mehr in die Diskussion.
- In diesem Bereich hat sich das Defizit binnen eines Jahres verdoppelt.
- Der Präsident des Post-Verwaltungsrats räumt ein, dass die veränderte Buchungspraxis genauer erläutert werden müsse.
Nach der Buchhaltungs-Affäre bei Postauto wird auch die Abrechnungspraxis beim Poststellen-Netz diskutiert. Es dürfe nicht sein, dass die Post Filialen schliesse, weil sie durch diese neue Praxis schlechtere Zahlen auswiesen, sagte gestern die Präsidentin der Fernmeldekommission des Nationalrats. Die Kommission wird daher die Post-Spitze auch zu dieser Frage anhören.
Nun wird bekannt: Auch die unabhängige Überwachungsbehörde des Bundes, die Postkommission, will sich die Buchhaltung beim Poststellennetz genauer anschauen.
Defizit verdoppelt
Ein Defizit, das sich innerhalb eines einzigen Jahres fast verdoppelt: Genau das zeigt die Rechnung des Poststellen-Netzes beim Wechsel von 2015 zu 2016. Das Loch resultierte auch deshalb, weil die Post in diesem Bereich einfach anders abrechnet als früher.
Die Eidgenössische Postkommission PostCom habe hier zwar keine Hinweise auf Unregelmässigkeiten, sagt ihr Präsident Hans Hollenstein zu Radio SRF. «Tatsache ist aber ebenso, dass wir aufgrund der Ereignisse im Zusammenhang mit der Postauto AG der Thematik der Verrechnungen einen noch höheren Stellenwert zuordnen werden und schauen, ob hier Handlungsbedarf besteht.»
Wir werden zusätzliche kritische Fragen stellen
Das betreffe das gesamte Rechnungswesen der Post, speziell auch die Abrechnung beim Poststellen-Netz. «Wir werden uns jetzt mit den zuständigen Fachleuten der Post, aber auch den uns rapportierenden staatlichen Treuhandgesellschaften zusammensetzen und zusätzliche kritische Fragen stellen.»
Er habe diese Diskussion bereits erwartet, sagt der Präsident des Post-Verwaltungsrats Urs Schwaller. Jetzt würden wohl alle Zahlen der Post hinterfragt. «Überall, wo wir etwas transformieren, wo wir neue Angebote machen, wird man die Frage stellen: Und – haben wir denn hier die richtigen Zahlen?»
Offensichtlich sind wir immer noch Erklärungen schuldig.
Dass sie bei den Poststellen neu abrechnet, machte die Post bereits von sich aus vor einem Jahr öffentlich. Gestern nun präzisierte sie erstmals auf Anfrage diese Buchungspraxis: So kalkuliere die Post unter anderem bereits jetzt mit einem Zielwert von 800 bis 900 Poststellen, also einem kleineren, effizienteren Netz, das es so allerdings noch gar nicht gibt. Dies vergrössere das Defizit der noch existierenden Filialen.
Schwaller räumt ein: Das sei nicht auf Anhieb verständlich. «Wenn ich mit Zielwerten operiere, wird das niemand verstehen. Offensichtlich sind wir immer noch Erklärungen schuldig. Diese werden wir noch einmal nachliefern.... und zwar der Öffentlichkeit und in gut vier Wochen auch der zuständigen Kommission des Nationalrats.»