Dass ein noch amtierender Regierungsrat angeklagt wird, kommt in der Schweiz äusserst selten vor. So war beispielsweise der Genfer Regierungsrat Pierre Maudet während seines Gerichtsverfahrens nur noch auf dem Papier im Amt.
Dass dem Baselbieter Regierungsrat Thomas Weber vor dem Strafgericht der Prozess gemacht wird, ist schon länger bekannt. Grund ist Webers Rolle in der Affäre um die Schwarzarbeitskontrollstelle ZAK. Eingeleitet worden war das Verfahren gegen den seit 2013 amtierenden Regierungsrat schon im August 2018. Offiziell angeklagt wurde Weber dann im vergangenen Herbst.
Rund eine Woche vor Prozessbeginn erhielt die Sendung «Regionaljournal Basel» von Radio SRF nun Einblick in die Anklageschrift. Nun wird klar, weshalb der Staatsanwalt den Regierungsrat angeklagt hat.
Keine kritische Prüfung
Angeklagt ist Weber wegen ungetreuer Amtsführung. Konkret wirft die Staatsanwaltschaft Weber vor, er habe 2014 bis 2016 der Zentralen Arbeitsmarktkontrolle ZAK, die von Gewerkschaften und der Wirtschaftskammer betrieben wurde, pro Jahr über 100'000 Franken zu viel bezahlt; insgesamt über 300'000 Franken. Damals habe die ZAK plötzlich eine 71 Prozent höhere Pauschale verlangt, obwohl die Kontrollstelle nicht mehr zu tun gehabt habe.
Thomas Weber trage dafür die Hauptverantwortung, kommt Staatsanwalt Janos Fabian in der von ihm verfassten Anklageschrift zum Schluss. Schon mit einer «rudimentären» Überprüfung des Businessplans oder Budgets hätte Weber merken müssen, dass zu hohe Geldbeträge geflossen seien.
Man habe die von der ZAK damals neu geforderte Pauschalentschädigung von 650'000 Franken bezahlt, ohne den Businessplan auch nur ansatzweise hinterfragt zu haben. Auch die vergangenen Jahresrechungen seien nicht kritisch geprüft worden. Weber sei klar gewesen, dass der Kanton für die Kontrollen zuviel bezahle, habe jedoch nichts dagegen unternommen. Im Gegenteil: Weber habe seine Untergebenen angewiesen, dies zu akzeptieren.
Kiga-Leiter nur in der Nebenrolle
«Dass ihr pflichtwidriges Verhalten die Entstehung eines erheblichen, unrechtmässigen Vorteils zugunsten der ZAK zum Schaden des Kantons bewirken würde, wussten und wollten die Beschuldigten von Anfang an, beziehungsweise hielten dies zumindest ernsthaft für möglich, nahmen dies in Kauf und fanden sich damit ab», heisst es dazu in der Anklageschrift.
Nur eine Nebenrolle in der Anklage spielt der ehemalige Kiga-Leiter. Diesem wirft die Staatsanwaltschaft lediglich Gehilfenschaft vor.
Thomas Weber wollte sich vor dem Prozess nicht zu den Vorwürfen äussern, für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Auftakt zur Verhandlung ist am 2. Juni, das Urteil wird am 4. Juni erwartet.