- Digitalisierung macht vieles effizienter, aber unter kantonalen Datenschützern wächst die Sorge um die demokratischen Grundwerte.
- So fordert der Zürcher Datenschützer anlässlich des Europäischen Datenschutztages, auf die geplante flächendeckende Einführung von E-Voting zu verzichten.
- Denn bei der elektronischen Stimmabgabe werde das Stimm- und Wahlgeheimnis nicht mehr garantiert.
An einer Podiumsdiskussion kritisiert der Zürcher Datenschutzbeauftragte Bruno Baeriswyl, die flächendeckende Einführung von E-Voting: Das sei übereilt, das Stimmgeheimnis sei mit der heutigen Technologie nicht gewährleistet. Er fordert, man müsse darauf verzichten.
«Das heutige E-Voting-System setzt das Wahl- und Abstimmungsgeheimnis ausser Kraft. Weil ein sicheres System setzt voraus, dass alle Transaktionen immer nachvollziehbar sind. Das heisst, entweder haben wir ein Wahl- und Abstimmungsgeheimnis oder wir haben kein sicheres System. Und das ist für unsere Demokratie doch sehr fragwürdig.»
Der Bundesrat wird nur Systeme bewilligen, die das Stimmgeheimnis wahren können.
Ist das Stimmgeheimnis und die Sicherheit tatsächlich nur mit den etablierten demokratischen Methoden gewahrt? Beim Bund sieht man das anders. Die Zeit sei reif, die Technologie erfülle nach jahrelangen Tests in den Kantonen die demokratischen Anforderungen und entspreche einem Bedürfnis der Bevölkerung, heisst es bei der Bundeskanzlei.
«Das Stimmgeheimnis wird durch die Verfassung garantiert und selbiges gilt natürlich auch für E-Voting. Der Bundesrat wird nur Systeme bewilligen, die das Stimmgeheimnis wahren können», erklärt die Leiterin der Sektion Politische Rechte der Bundeskanzlei, Barbara Perriard.
Das Stimmgeheimnis sei das A und O der politischen Rechte. E-Voting entspreche einem Bedürfnis der Bevölkerung. Insofern sieht sich die Bundeskanzlei in der Pflicht, E-Voting langfristig als dritten Stimmkanal anzubieten.
Der Informatik-Professor der ETH Lausanne Bryan Ford, ist auf die Sicherheit und Datenschutz spezialisiert. Er sagt: Die Schweizer Technologie sei sehr stark und sehr sicher, zum Teil gar weltweit führend. Allerdings: «Absolute Sicherheit gibt es nicht. Und es ist tatsächlich so, dass der Datenschutz eine grosse Herausforderung in E-Voting-Systemen ist.» Da sei es richtig, vorsichtig zu sein.
Ein ungelöstes Problem sei etwa der eigene Computer: Dieses E-Voting-System habe wie alle anderen derzeit bekannten Schwächen beim Datenschutz. Weil das System nicht die Privatsphäre in der Umgebung des Nutzers schützen kann. So könnte ein von Schadsoftware befallenes Gerät das Stimmgeheimnis verletzen.
Das Schweizer E-Voting-System ist exzellent dabei, die Stimme zu schützen, sobald sie im Gerät eingegeben ist und durch das System transportiert wird. «Es schützt die Integrität der Stimme auch bei der Eingabe, sogar wenn das Gerät infiziert ist, kann es die Stimme nicht verändern, ohne dass es bemerkt wird», sagt Ford.
Es ist tatsächlich so, dass der Datenschutz eine grosse Herausforderung in E-Voting-Systemen ist.
Die klassische Demokratie ist erprobt – hat aber etwa für Auslandschweizer Nachteile. Zudem ist auch die briefliche Wahl nicht gegen Unregelmässigkeiten gefeit, wie jüngst die Bundespräsidentenwahl in Österreich gezeigt hatte, die wiederholt werden musste.
Chancen gegenüber Risiken einer digitalisierten Demokratie – eine Abwägung, die derzeit in vollem Gang ist. Bei E-Voting gilt ganz klar das Motto: Sicherheit vor Tempo.