Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Städte dürfen Fahrverbote für Dieselautos aussprechen, wenn die Schadstoffwerte in der Luft zu hoch sind.
Aber auch in Schweizer Städten kommt es vor, dass die Konzentration von Stickoxiden in der Luft die gesetzlichen Grenzwerte überschreitet. Trotzdem sagt Thierry Burkart, Vizepräsident des TCS und FDP-Nationalrat: Hierzulande hat ein Verbot für Diesel bis auf Weiteres keine Chance.
SRF News: In Deutschland gibt es jetzt Druck auf Fahrer mit Dieselfahrzeugen. Rechnen Sie damit, dass nun auch die Schweiz ein schwierigeres Terrain wird für Dieselfahrzeuge?
Thierry Burkart: Den Entscheid muss ich so zur Kenntnis nehmen. Ich gehe davon aus, dass in der Schweizer Politik tatsächlich Forderungen betreffend einer härteren Gangart gegenüber Dieselfahrzeugen aufkommen werden. Allerdings haben wir andere Voraussetzungen in der Schweiz. Beispielsweise sind unsere Grenzwerte deutlich tiefer als die in Deutschland – und selbst die werden praktisch nie überschritten.
Aber auch in der Schweiz gibt es die Idee, sogenannte Umweltzonen in Städten einzurichten, in denen schadstoffschwere Autos nichts zu suchen hätten. Glauben Sie nicht, dass solche Vorstösse nun mehr Chancen haben?
Ich bin davon überzeugt, dass diese Vorstösse im Parlament keine Chance haben werden. Einerseits ist unsere Luftqualität besser als in vielen europäischen Städten. Andererseits sind Umweltzonen ohne Nutzen: Sie bringen nichts für eine bessere Luftqualität. Damit wäre etwa ein Verbot für Dieselfahrzeuge, in die Innenstädte fahren zu dürfen, unverhältnismässig.
Sie sagen, die Belastung in der Schweiz sei geringer als in Deutschland. Das stimmt, aber auch hierzulande werden in grossen Städten und entlang von vielbefahrenen Strassen die Grenzwerte teils deutlich überschritten – je nach Jahreszeit. Da wäre es doch naheliegend, wenn man die schlimmsten Dreckschleudern von Strasse nimmt?
In der Frage haben Sie bereits eine Antwort gegeben. Nämlich, dass es sehr stark von der Wetterlage abhängig ist, wie stark die Belastung ist. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass nicht einmal 20 Prozent der Stickoxid-Emissionen vom Strassenverkehr stammen.
Sorgen machen müssen sich Schweizer Dieselfahrer nur insofern, als sie vielleicht künftig nicht mehr in alle deutschen Innenstädte fahren dürfen.
Es gäbe also auch noch andere Quellen, bei denen man ansetzen müsste. Desweiteren sind die Fahrzeughersteller derzeit daran, deutlich emissionsärmere Motoren zu produzieren.
Für Sie reicht es aus abzuwarten, bis die Industrie reagiert?
Sie reagiert wahrscheinlich nicht nur freiwillig. Es gibt ja bereits Vorschriften. In der Schweiz, aber auch in Europa haben wir in Bezug auf die CO2- und Stickoxid-Emissionen einen Absenkungspfad vorgesehen. Deshalb werden die künftigen Dieselfahrzeuge deutlich weniger Abgase ausstossen.
Zu Spitzenzeiten die schlimmsten Dieselfahrzeuge wegzunehmen, wäre für Sie keine Option?
Das hiesse insbesondere, dass man ältere Fahrzeuge mit einem Fahrverbot belegen würde. Das scheint mir ungerecht und unverhältnismässig. Zudem bringe es nicht für eine bessere Luftqualität in Innenstädten.
Sie glauben also, dass sich Fahrer von Dieselfahrzeugen in der Schweiz vorderhand keine Sorgen machen müssen?
Sie müssen sich insofern keine Sorgen machen, als ich nicht davon ausgehe, dass wir sie von Seiten der Politik mit einem Fahrverbot belegen werden. Sorgen machen müssen sie sich aber insofern, als sie vielleicht künftig nicht mehr in alle deutschen Innenstädte fahren dürfen.
Das Gespräch führte Noemi Ackermann.