Die Post zieht die Schraube an. Wer künftig die digitalen Dienstleistungen der Post nutzen will, muss sich in den nächsten Tagen eine sogenannte SwissID zulegen, eine Art digitale Identität.
Die Umstellung zum Login mittels SwissID läuft bei der Post zwar schon seit über einem Jahr, gleichwohl haben sich immer noch mehrere 100'000 Post-Kundinnen und Kunden nicht für dieses neue Login-System angemeldet.
Finanzielle Gründe ausschlaggebend
Sie werden nun von der Post aber quasi zu diesem Schritt gezwungen, zumindest wenn sie weiterhin gewisse Online-Dienste nutzen möchten, beispielsweise den Empfang von Paketen steuern wollen, oder wenn sie die Postcard-Creator-App nutzen möchten.
Dass man ab Sommer das alte Login definitiv abschalte, habe primär finanzielle Gründe, sagt Post-Sprecherin Silvana Grellmann. «Es macht keinen Sinn, zwei Login-Lösungen parallel zu haben. Wirtschaftlich ist es sinnvoller, eine Lösung anzubieten und diese weiterzuentwickeln.»
Zudem sei man nach wie vor von der Umstellung überzeugt, ergänzt Grellmann, und sie sei auch sei erfolgreich angelaufen. «Mittlerweile haben bereits über drei Millionen Kunden die Login-Lösung der SwissID. Rückmeldungen zeigen, dass diejenigen Leute, welche bereits gewechselt haben, die Lösung schätzen.»
«Massnahme spricht nicht für das Produkt»
Wirklich freiwillig hätten diese Kunden nicht zum SwissID-Login gewechselt, sagt Reto Vogt. Er ist Chefredaktor von Inside IT, einem Digital-Fachmagazin. Sie hätten schlicht keine andere Wahl gehabt. Das Powerplay, das die Post bei der Umstellung zur SwissID betreibt, sieht er kritisch. «Aus Kundensicht ist dies sehr umständlich.»
Dass man nun Hunderttausende Kundinnen und Kunden zwinge, sich eine SwissID zuzulegen – welche übrigens von einer Tochter-Firma der Post entwickelt wurde – spreche nicht für das Produkt, sagt Vogt. «Wenn man eine Technik jemanden aufzwingen muss, ist sie nicht gut genug. Das Ganze sollte auf Freiwilligkeit beruhen.»
Gerhard Andrey ist Nationalrat der Grünen und Inhaber eine Digital-Agentur. Dass die Post ihre Kundinnen zur SwissID drängt, stört ihn: «Idealerweise möchte ich das Identitätsmittel meiner Wahl benutzen. Die Post ist ein Unternehmen von vielen, welche einem in ein Korsett zwingen.»
Anstatt, dass private Firmen nun selber digitale Identitäten entwickeln und sich zu grossen Netzwerken zusammenschliessen, solle man besser auf den Staat warten, der aktuell selber an einer E-ID arbeitet, an einer elektronischen Identitätskarte.
Staatliche Lösung besser?
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hätten bei der Abstimmung zum E-ID-Gesetz vor zwei Jahren deutlich zum Ausdruck gebracht, dass man in dieser Frage keine privaten Lösungen wolle. «Man möchte eine amtliche Identität vom Staat und nicht eines kommerziellen Unternehmens. Zudem möchte man, dass die Daten nicht kommerzialisiert werden.»
Die Post betont, dass die SwissID hohe Sicherheitsstandards erfülle und der Datenschutz gewährleistet sei. Die Post-Kundinnen und Kunden, die weiterhin die Online-Dienstleistungen der Post in Anspruch nehmen wollen, müssen das glauben; weil selber entscheiden, ob sie der SwissID vertrauen, können sie nicht.