«Science Fiction»-Fans kennen Jarvis – er ist die künstliche Intelligenz (KI), die «Iron Man» immer zu Diensten steht. Jarvis ist nicht real, sondern eine Zukunftsvision des Marvel Comic-Verlags.
Diese Zukunft rückt stetig näher: Die KI ist in der Privatwirtschaft weiter verbreitet als in der Verwaltung. Aber auch hier nimmt sie immer mehr Platz ein. In einigen Kantonen werden die Steuer-Erklärungen automatisiert bearbeitet.
Schneller als der Mensch
Die Zürcher Kantonspolizei arbeitet bereits mit Computerprogrammen, die die Arbeit effizienter mache, erklärt die Andrea Jug-Höhener, Leiterin der Abteilung Wirtschaftskriminalität: «Wir verwenden zum Beispiel Textanalysetools, die im Stande sind, durch Suchbegriffe relevante von nicht relevanten Daten und Dokumenten zu unterscheiden.»
Das ist sehr hilfreich, denn gerade bei Wirtschaftskriminalfällen gibt es oft enorme Datensätze zu analysieren. Aktuell arbeite man an einem Fall, bei dem es Dokumente im Umfang von fünf Terabyte gebe: «Wenn man sich vorstellt, dass ein Terabyte je nach Format 300 bis 500 Millionen A4-Seiten sind, kann man sich etwa ausrechnen, wie lange ein Ermittler hat, der pro Tag im Schnitt 50 Seiten verarbeiten, lesen und verstehen kann: etwa 27'000 Jahre.»
Ähnliche Unterstützung gibt es, wenn die Polizei gegen illegale Pornographie ermittelt. Auch hier können relativ rasch Hunderttausende Fotos mit möglichem illegalen Inhalt mittels Computer durchforstet werden.
Am Ende geht es laut Jug-Höhener aber nicht ganz ohne den Mensch, der die Daten analysiere und einordne: «Es ist ein Hilfsmittel, das die herkömmlichen Beweiserhebungen wie Einvernahmen und Befragungen nicht ersetzt.»
Nachvollziehbare Entscheide
Zürich ist kein Einzelfall. Auch in anderen Kantonen und beim Bund kommt künstliche Intelligenz bei der Verbrechensbekämpfung zum Einsatz – mit steigender Tendenz. Computer erledigen effizient und kostengünstig viel mühsame Arbeit. Immer öfter treffen sie auch automatisierte Entscheide.
Das kann auch problematisch sein, erklärt Nadja Braun Binder. Sie ist Asstistenzprofessorin am Zentrum für Demokratie in Aarau und beschäfigt sich mit Fragen rund um die Digitalisierung beim Staat und in der Verwaltung. «Wenn es in den grundrechtsrelevanten Bereich hineingeht und Personen von Entscheidungen betroffen sind, beispielsweise ein Antrag abgelehnt wird, muss man ganz genau überprüfen, ob das System richtig arbeitet. Und auch, ob die rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien eingehalten werden, damit es eben nicht zu einer Diskriminierung kommt. » Man müsse immer nachvollziehen können, weshalb eine Maschine einen Entscheid treffe – und warum sie ihn treffe.
Effizientere Kontrolle der Systeme
Aber: Die Maschine tut, was der Mensch ihr befiehlt – auch dann, wenn die Befehle falsch oder fehlerhaft sind. Deshalb sei es äusserst wichtig, dass man die Abläufe, die hinter den Entscheidungen der Algorithmen steckten, genau kenne, sagt der frühere Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür. «Zu wissen, was sie tun, ist eine vordringliche Aufgabe. Das muss man in Zukunft im Sinne einer effizienten Kontrolle dieser Systeme verbessern.»
Denn – sie werden immer besser – und wenn sie dereinst so schlau sind wie Jarvis aus dem Film «Iron Man», dann ist es gut, wenn man weiss, wie die Maschine tickt, um zu wissen, was sie tut.