Die Rhone soll in den Kantonen Wallis und Waadt mehr Platz erhalten, um Mensch und Natur vor Überschwemmungen zu schützen – soweit das erklärte Ziel der dritten Rhonekorrektion. Seit 15 Jahren laufen die Arbeiten am grössten Hochwasserschutzprojekt der Schweiz, im Oberwallis sind sie schon fast abgeschlossen.
Aber: Es gab von Anfang an Widerstand, vor allem von Bauernvereinigungen aus dem Unterwallis. Sie befürchteten, dass sie für die Verbreiterung des Flussbettes Land abgeben müssen.
Aber das Projekt war beschlossen. Die Kantone Wallis und Waadt hatten das Geld gesprochen und auch der Bund sicherte Subventionen zu – und diese sind wichtig. Immerhin geht es um Gesamtkosten von 3.5 Milliarden Franken.
Doch jetzt hat die Walliser Regierung plötzlich Bedenken, mit den Arbeiten wie geplant fortzufahren. Denn eine Studie, die der zuständige Staatsrat Franz Ruppen 2022 in Auftrag gegeben hat, zeigt: Die dritte Rhonekorrektion ist zu überdimensioniert. Man sei bei der Planung von viel zu drastischen Annahmen ausgegangen, wie stark das Hochwasser sein könnte. Darum müssten die restlichen Korrektionsmassnahmen überarbeitet werden.
Studie im Sinne der SVP?
Staatsrat Franz Ruppen erklärt gegenüber SRF: «Wir müssen jetzt bei allen aufgegleisten Massnahmen prüfen, ob sie noch umsetzbar sind oder nicht.» Das bedeute, dass auch die Ausweitung der Rhone auf die landwirtschaftlichen Felder wieder infrage gestellt sei.
Ruppens Partei, die SVP, wehrt sich seit Jahren gegen die Rhonekorrektion, weil sie zu viel Landwirtschaftsland verschlinge. Doch der Vorwurf, die Studie spiele seiner Partei in die Karten, will sich Ruppen nicht gefallen lassen: «Die Studie ist neutral gemacht worden.»
Dass der Kanton Wallis nun auf die Bremse tritt, passt nicht allen. Daniel Heusser vom WFF – er hat bei der Planung des ursprünglichen Projekts mitgewirkt – sagt, ein Marschhalt sei das Verkehrteste, das man machen könne: «Das ist dann einfach ein weiteres Kapitel einer unendlichen Geschichte, die keine weitere Studie braucht, sondern Bagger, die für Sicherheit in dieser Talebene sorgen.»
Grosser Rat hat mitzureden
Anders als die Studie kommt Heusser nicht zum Schluss, das Projekt basiere auf zu alarmistischen Annahmen: «Wer vor 20 Jahren an der randvollen Rhone stand, weiss, wie gefährlich sie ist.» Er betont, dass das Projekt durchaus zeitgemäss sei. «Es jetzt aufgrund einer Studie über den Haufen zu werfen, sieht für mich nach einem Politmanöver aus – nicht nach Hochwasserschutz.»
Aus ökologischer Sicht kann man dieses Projekt nicht abspecken.
Ein wirksamer Hochwasserschutz müsse der Rhone mehr Raum geben, anders gehe es nicht. «Aus ökologischer Sicht kann man dieses Projekt nicht mehr abspecken.»
Von den politischen Parteien im Wallis haben sich bis jetzt erst die Grünen zum Marschhalt der Rhonekorrekion geäussert. Auch sie sind nicht begeistert von den Plänen, betonen jedoch, sie seien nicht grundsätzlich gegen Anpassungen – sofern die ökologischen Aspekte berücksichtigt würden.
Nun – das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Auch der Walliser Grosse Rat hat noch mitzureden. Es fliesst also noch viel Wasser die Rhone runter.