- Am dritten Prozesstag rund um Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz haben die Staatsanwälte am Donnerstag ihr mehrstündiges Plädoyer fortgesetzt.
- Aduno-Anwalt warf Beat Stocker am Donnerstagnachmittag in seinem Plädoyer vor, dass es ihm egal gewesen sei, dass er mit der Übernahme die Aduno massiv schädigen würde.
- Am Freitag dürfte der Verteidiger von Pierin Vincenz seine Verteidigungsrede halten.
Am Donnerstag sagte der plädierende Staatsanwalt im Zürcher Volkshaus, dass sich Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz und dessen Geschäftskollege Beat Stocker enorm bereichert und einen beträchtlichen Schaden angerichtet hätten. Freiheitsstrafen von je sechs Jahren wären deshalb angemessen.
Vincenz habe als Raiffeisen-Chef über die stärkere Stellung als Stocker verfügt, hielt der Staatsanwalt fest. Er habe andere Personen, die ihm vertrauten, überzeugen und so zu Transaktionen bewegen können. «Vincenz nutzte sein Vertrauen und seine Macht aus – dieser Missbrauch wiegt schwer.»
Zwar habe Stocker nicht über Vincenz' Macht verfügt, sei jedoch das Hirn gewesen. «Er hat das Doppelspiel zulasten der Privatkläger perfektioniert.» Deshalb sprach der Staatsanwalt von einer «erheblichen kriminellen Energie».
Weiter zitierte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer auch aus Mails und Telefongesprächen. So soll etwa Vincenz im Februar 2018 zu Stocker gesagt haben, dass sie sich auf ein gemeinsames Wording einigen müssten. Wenn niemand einen «Seich» erzähle und sie sauber blieben, dann «können sie uns nicht knacken».
Aduno erlitt Totalschaden durch Übernahme
Am Mittwoch- und Donnerstagvormittag hatte die Staatsanwaltschaft in einem rund siebenstündigen Plädoyer ihre Anklage begründet. Sie wirft Stocker und Vincenz unter anderem Betrug und ungetreue Geschäftsbesorgung vor.
So sollen sie gezielt darauf hingewirkt haben, dass die von ihnen gelenkte Kreditkartenfirma Aduno unter anderem die Eurokaution übernahm. An letzterer sollen sich Vincenz und Stocker zuvor verdeckt beteiligt haben, um bei der Übernahme einen unrechtmässigen Gewinn einzustreichen.
Diesbezüglich sprach am Donnerstagnachmittag der Anwalt der Viseca AG, der früheren Aduno, von einem heimlichen Vorgehen. Vincenz und Stocker seien bei den Übernahmegesprächen jeweils auf beiden Seiten des Verhandlungstisches gesessen. «Sie haben im Verwaltungsrat der Aduno immer im Sinne ihrer eigenen finanziellen Interessen gestimmt.»
Der Staatsanwalt hielt fest, Aduno habe durch die Übernahme einen Totalschaden erlitten. Den Beschuldigten sei dabei klar gewesen, dass die Eurokaution «kein Potenzial für eine positive Entwicklung» habe. Es sei ein wertloses Produkt gewesen.
Darauf verwies auch der Aduno-Anwalt: Stocker habe mit dem Eurokaution-Deal einfach «für sich und seine Komplizen noch einen erheblichen Gewinn herausholen» wollen. Dass er mit der Übernahme gleichzeitig die Aduno massiv geschädigt habe, sei ihm völlig egal gewesen.
Dieses «Doppelspiel» sollen Vincenz und Stocker mit einer sorgfältig aufgebauten Verheimlichungsstrategie in verschiedenen weiteren Fällen gespielt haben.
Fünf weitere Mitbeschuldigte sollen zu verschiedenen Zeitpunkten den beiden Hauptbeschuldigten Beihilfe geleistet haben. Für diese beantragte die Staatsanwaltschaft unterschiedliche Strafen von einer bedingten Geldstrafe bis zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren.