Die Place de la Riponne im Stadtzentrum von Lausanne wird gerade umgebaut. Niemand weiss, wie der riesige Platz vor der ehemaligen Universität dereinst aussehen wird. Doch alle hoffen, dass die offene Drogenszene verschwindet. Dort halten sich Suchtkranke seit Jahren auf, an sieben Tagen die Woche, rund um die Uhr. Dort konsumieren sie ihren Stoff, dort bitten sie Passanten um Geld für eine nächste Ladung Crack, Kokain oder Heroin, während sich daneben die verkaufsbereiten Dealer tummeln.
Metzger aus Rue de la Madeleine hat genug
Baumaschinen und Baulärm haben die Drogenszene von der Place de la Riponne vertrieben, auf nahe gelegene Plätze und in umliegende Gassen. Auch in die Rue de la Madeleine, wo Sébastien Losey seine Metzgerei betreibt. An Weihnachten platzte ihm der Kragen, als ein Süchtiger seinen Laden betrat, Waren stahl und hinausspazierte. Die alarmierte Polizei nahm dem Mann das Diebesgut wieder ab.
Ich wollte zeigen, wie schwierig es ist, am Rand der Drogenszene ein Geschäft zu führen.
«Ich habe beschlossen, ein Video aufs Netz zu stellen, um zu zeigen, wie schwierig es ist, am Rand der Drogenszene ein Geschäft zu führen», erzählt Losey. Damit brach er ein Tabu. Die Gewerbetreibenden im Stadtzentrum hätten applaudiert. Er habe viel Zuspruch bekommen. Das Echo sei extrem gewesen.
Am Ende nahm Losey das Video aber vom Netz, weil es zum Politikum wurde. Für ihn ist klar: Die Drogenszene verunsichert die Leute. Sie meiden die Gegend rund um die Place de la Riponne, zum Einkaufen sowieso.
Das sieht der Metzger auch anhand der gesunkenen Geschäftszahlen: «Ich habe darum die Stadtregierung aufgefordert, Lösungen zu finden. Welche, habe ich offengelassen.» Mehr Polizei sei eine Möglichkeit, wenn auch mit hohen Kosten verbunden.
Mehr Polizei zum Schutz der Quartiere
Die Stadtregierung hat nun reagiert. Von den 500 Stadtpolizisten werden 200 in den Strassen gegen den Drogenhandel und offenen Drogenkonsum eingesetzt. Das ist extrem kostspielig, wenn man bedenkt, dass die Stadt für einen Polizisten pro Jahr mit Gesamtkosten von 180‘000 Franken rechnet. 200 Polizisten würden gemäss dieser Rechnung 36 Millionen Franken kosten. Die Patrouillen sollen nun verhindern, dass die Drogenszene weiter in die Stadt vordringt.
Die Waadtländer Gefängnisse sind voll von verurteilten Drogenhändlern, während die Zahl der Drogenkonsumenten wächst.
Auch für Pierre-Antoine Hildbrand von der Lausanne Stadtregierung, zuständig für die Sicherheit, ist die Lage unübersichtlich geworden: «Es ist zu befürchten, dass Dealer und Süchtige sich in den Wohnquartieren festsetzen. Das soll nun mit mehr Polizeipräsenz verhindert werden.»
Überfüllte Gefängnisse
Dass die Situation derart schwierig ist, hat gemäss Hildbrand auch damit zu tun, dass die Waadtländer Gefängnisse wegen verurteilter Drogenhändler voll sind, während die Anzahl Drogensüchtiger gleichzeitig zunimmt.
Polizeikommandant Olivier Botteron spricht von einer zunehmenden allgemeinen Frustration. Die Bevölkerung sei verunsichert, weil sie das Gefühl habe, die Polizei arbeite nicht richtig. Die Polizei sei aber ständig unterwegs und sanktioniere Drogenhändler: «Am nächsten Tag stehen sie wegen fehlender Gefängnisplätze wieder auf der Strasse.»
Präventive Wirkung erhofft
Ist es kein Widerspruch, die Polizeirepression zu verstärken, wenn der Strafvollzug am Anschlag ist? Hildbrand und Botteron widersprechen. Die Polizeiarbeit habe auch eine präventive Wirkung. Dort, wo die Polizei präsent sei, werde weder gehandelt noch konsumiert.