Die Schweiz macht sich bereit für eine allfällige Stromknappheit. Überall werden Szenarien entwickelt für den Fall, dass der Strom über kürzere oder längere Zeit wegbleibt. Ganz konkret waren diese Vorbereitungen am Dienstag in Muri im Aargauer Freiamt sichtbar. Vor dem Regionalspital wurde nämlich eine Feldküche aufgebaut, es wurde gekocht.
Das «Testessen» hat einen ernsten Hintergrund. Falls im Winter tatsächlich der Strom abgestellt wird, dann haben die sieben Altes- und Pflegeheime in der Region nämlich ein Problem. Sie könnten ihre insgesamt rund 800 Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr richtig verpflegen. In diesem Fall würde das Regionalspital helfen. Hier laufen Dieselgeneratoren, damit das Spital unabhängig vom Stromnetz in Betrieb bleiben kann.
Das Spital als Notküche für die Region
«Der Diesel reicht für sechs Wochen», erklärt Hotellerie-Chef Markus Weisshaupt. Damit werden nicht nur die lebenswichtigen Operationssäle und Patientenzimmer im Spital betrieben, sondern auch die Küche. «Auch unsere Kühlräume zum Beispiel laufen weiter.» Allerdings: Für zusätzliche 800 Essen reicht die Küche nicht, deshalb haben die Verantwortlichen eine alte Feldküche aus dem Keller geholt und noch ergänzt.
Die Zusammenarbeit zwischen Spital und Heimen habe man bereits während der Corona-Pandemie etabliert. «Wir haben uns damals Gedanken darüber gemacht, wie wir reagieren müssten, wenn ein ganzes Küchenteam in Quarantäne muss», erzählt Weisshaupt. Es gibt aus diesem Grund bereits fixfertige Pläne, welche Heime wie viel Essen brauchen.
Die Feldküche bietet weniger Komfort
Gekocht wird am Dienstag vor dem Spitaleingang mit Gas, unabhängig vom Stromnetz. Das sei durchaus eine Herausforderung, erklärt Michelle Spiess, die Küchenchefin des Alterswohnheims St. Martin in Muri: «Wir sind uns natürlich an moderne Geräte gewohnt wie Ofen und Steamer. Man muss hier komplett anders kochen, aufpassen, dass die Gerichte nicht zu stark nachziehen. Es braucht mehr Aufsicht als in der modernen Küche.»
Essen gibt es für alte und pflegebedürftige Menschen in der Region oberes Freiamt also genug im Notfall und dies sei denn auch sehr wichtig, denn: «Das Essen ist ein grosses Problem», sagt Ralph Huggel, Leiter des Pflegeheims Solino im Nachbarort Boswil. «Aber natürlich auch die medizinischen Einrichtungen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Bewohnerinnen Sauerstoff haben, dass die elektrischen Betten funktionieren und die Liftanlagen.»
Notkonzepte: Akkus und kräftige Männer
Sein Pflegeheim hat neue Akkus angeschafft, um kürzere Stromlücken überbrücken zu können. Einzig Küche und Liftanlagen bräuchten zu viel Energie. Das Küchenproblem ist durch die Zusammenarbeit mit dem Spital Muri gelöst. Wenn die Lifte ausfallen, dann sei «Manpower» gefragt. Das Pflegeheim habe ein Team aufgebaut, welches im Notfall Bewohnerinnen und Bewohner über die Treppen transportieren würde, erzählt Huggel.
Und wie steht es mit der Heizung? «Wir rechnen ja damit, dass es eher kürzere Stromunterbrüche geben könnte», beruhigt der Heimleiter. «Die Heizung ist träge, es braucht Zeit, bis die Temperaturen sinken.» Falls ein Stromausfall aber länger andauern sollte, bliebe nur noch eines. «Dann ziehen wir halt Pullover an.»