Der Bundesrat hat seinen von der Wirtschaft sehnlichst erwarteten Eskalationsplan für den Fall einer unmittelbar drohenden schweren Strommangellage vorgestellt. Der Plan ähnelt jenem beim Gas, ist aber viel detaillierter. Er geht bis zum 12. Dezember in eine verkürzte Vernehmlassung.
Die Eskalationsstufen wurden in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und den Kantonen erarbeitet, um volkswirtschaftlichen Schaden und Wettbewerbsverzerrungen gering zu halten. Sie sollen situativ und in Anlehnung an die jeweilige Versorgungslage in Kraft gesetzt werden. Mit dem obersten Ziel, die Netzstabilität und damit die Stromversorgung aufrechtzuerhalten, wie Bundesrat Guy Parmelin vor den Medien betonte.
Die verschiedenen Stufen
Zuerst würde die Regierung aber dringliche Sparappelle an alle Stromverbraucher richten. In weiteren Eskalationsschritten gäbe es Komforteinschränkungen wie etwa ein Verbot von Objektbeleuchtungen bis hin zu einschneidenden Massnahmen wie Betriebsschliessungen. Netzabschaltungen sind nur als letztmögliche Massnahme – als Ultima Ratio – vorgesehen.
Ein Blackout muss unbedingt verhindert werden. Jede Massnahme hat zum Ziel, noch Schlimmeres zu vermeiden.
Als weitergehende Massnahmenstufe zieht der Bundesrat die gezielte und gestaffelte Kontingentierung der über 34'000 Strom-Grossverbraucher mit einem Jahresverbrauch von mindestens 100 Megawattstunden in Betracht. Sie machen knapp die Hälfte des Stromverbrauchs der Schweiz aus.
Grosses Sparpotenzial
Die Fokussierung auf die Grossverbraucher habe neben dem grossen Sparpotenzial den Vorteil, dass diese Massnahme verbindlich umgesetzt werden könne und schnell messbar sei, so Parmelin. Als wesentliche Massnahme gegen Netzabschaltungen seien bei der Kontingentierung keine Ausnahmen vorgesehen.
Die Kontingentierung ist eine wesentliche Massnahme, um Netzabschaltungen zu verhindern. Deshalb sind keine Ausnahmen vorgesehen.
Die Kontingentierung soll auf einen Tag oder einen Monat angelegt werden. Bei der Monatskontingentierung könnten Grossverbraucher das Kontingent nach ihren Bedürfnissen auf den Monat verteilt einsetzen. Auf den Winter 2023/24 hin soll für Unternehmen mit Betriebsstätten in unterschiedlichen Verteilnetzen eine Lösung erarbeitet werden, damit sie schweizweit kontingentiert werden können.
Flexibler Umgang bei lebenswichtigen Gütern
Da die Wirtschaft und insbesondere die Betreiber von Infrastrukturen für die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen auf einen flexiblen Umgang mit Kontingenten angewiesen sind, will der Bundesrat in diesem Winter versuchsweise die Weitergabe von Kontingenten in einem eingeschränkten Rahmen ermöglichen. Für den Winter 2023/24 soll eine umfassende Lösung folgen.
Für die konzessionierten Unternehmen des öffentlichen Verkehrs (ÖV) gelten bei einer Kontingentierung besondere Bestimmungen. Sie basieren auf dem Bewirtschaftungsmodell ÖV bei einer Strommangellage, das die SBB als Systemführerin und Betreiberin eines eigenen Stromnetzes mit dem Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und dem Bundesamt für Verkehr (BAV) erarbeitet hat.