Ohne Samariterinnen sind die Blutspendedienste blutleer. Zugegeben: Das Wortspiel ist etwas plump und überspitzt. Doch wenn der Schwund an Samaritervereinen in der Schweiz so weiter geht, werden das Rote Kreuz und die dazugehörigen Blutspendedienste ein echtes Problem bekommen. Dieses kündigt sich bereits an.
Wir sind im Hotel Sonne in der Gemeinde Reiden (LU), es ist Dienstagabend, 18 Uhr. Im grossen Saal stehen neun Liegebetten, alle versehen mit Blutspendegeräten. Alle Betten sind besetzt, es haben sich gar Schlangen gebildet. Gegen 30 Personen in weissen Oberteilen kümmern sich um die Spendenwilligen, von der Begrüssung bis zur Blutabnahme. Es ist ein Bild, das Hildegard Frey grundsätzlich gefällt. «Jetzt läuft's grad rund, so soll es sein.» Sie gehört zum Blutspendedienst Aargau Solothurn, der auch für einen Teil des Luzerner Hinterlandes zuständig ist.
Ein Drittel des Personals arbeitet freiwillig
Obwohl alle weisse Oberteile tragen, sind nicht alle vom Blutspendedienst des Roten Kreuzes. Rund ein Drittel des Personals stellt der Samariterverein Langnau und Umgebung. Die Freiwilligen messen den Blutdruck, nehmen Leute in Empfang, verbinden die Einstichstelle oder schauen für die Verpflegung. Blut abnehmen gehört nicht zu ihren Aufgaben. Dennoch sind sie für das Rote Kreuz wichtig.
«Wären sie nicht da, müssten wir diese Arbeiten zusätzlich übernehmen. Das würde das Blutabnehmen teurer machen», erklärt Hildegard Frey. Auch die Alternativen seien nicht ideal: «Andere Freiwillige zu nehmen ist ja schön und gut, aber da werden die wenigsten ausreichend ausgebildet sein. Das wäre auch ein zusätzlicher Aufwand.» Ganz zu schweigen von Profis, deren Engagement entsprechend teuer würde.
Dass Samaritervereine eines Tages nicht mehr da sind oder weniger helfen können, ist keine Illusion. Gemäss Angaben des Schweizerischen Samariterbundes ist die Zahl der Mitglieder rückläufig: 2015 waren es 25'000, im Corona-Jahr 2020 waren es noch knapp 19'000. Diese Tendenz spürt auch der Blutspendedienst Aargau Solothurn: «Wenn wir Samaritervereine für Blutspendeaktionen anfragen, heisst es häufig von vornherein, dass wir noch Personal aufbieten sollen, weil die Vereine selber nicht genug haben», so Frey.
Mehraufwand an verschiedenen Fronten
Was der regionale Blutspendedienst vor Ort erlebt, ist kein Einzelfall. Das bestätigt Franziska Kellenberger, Leiterin Marketing und Kommunikation bei der Blutspende des Schweizerischen Roten Kreuzes. «Müsste die Blutspende ganz auf die Unterstützung der Samaritervereine verzichten, würde dies einen personellen, organisatorischen und finanziellen Mehraufwand nach sich ziehen.» Diese Rückmeldung habe es aus verschiedenen Regionen gegeben.
Es gäbe einen personellen, organisatorischen und finanziellen Mehraufwand.
Die regionalen Blutspendedienste sind sich noch in einem anderen Punkt einig: Mit ihrer guten Verankerung im Dorf sorgen die Samariterinnen auch für Zulauf beim Blutspenden. «Wenn wir die Samariter nicht mehr haben, dann wird es schwierig, denke ich. Dann springen uns auch Spender ab», erklärt Frey. So gesehen ist das Wortspiel mit den blutleeren Blutspendediensten eben doch nicht so abwegig.