In einer Videobotschaft an die Berner Bevölkerung lässt Regierungsrat Philippe Müller, Direktor der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern, vom Rathaus eine Drohne starten.
Mitten in der Berner Altstadt, im Anflugperimeter des Flughafens Bern-Belp, eine Drohne fliegen lassen. Ist das erlaubt? Auf Nachfrage von SRF Investigativ teilt der Regierungssprecher von Philippe Müller mit, es sei dafür keine Ausnahmebewilligung nötig gewesen, da «eine Drohne unter 250g zum Einsatz» kam. Doch die Drohne im Video ist für Profi-Drohnenpilot und Instruktor Stefan Hunziker deutlich schwerer. Es sei eine sogenannte FPV oder Racing-Drohne. Allein die auf der Drohne montierte Kamera wiege bereits 150g. «Es ist deshalb unmöglich, vor allem bei diesem Akku, dass die Drohne nur 250g wiegen soll». Stefan Hunziker, der als Instruktor bei der Polizei Genf und Waadt sowie beim Westschweizer Fernsehen RTS Drohnenpiloten ausbildet, besitzt eine ähnliche Drohne. Seine wiegt über 1,3 Kilo, wie er auf einer Waage demonstriert.
Es ist absolut verboten, mit dieser Drohne dort zu fliegen.
Der Experte analysiert das Video von Müller und ist sich sicher: Dieser Typ Drohne sei in urbanem Gebiet wie der Berner Altstadt verboten. «Diese Drohne muss immer mindestens 150m Abstand zu Gebäuden einhalten. Sie darf nur auf offenem Feld oder in den Bergen fliegen». Denn solche FPV-Drohnen hätten keine Klassenmarkierung, für die der Hersteller Sicherheitsmerkmale einbauen muss. Wenn beispielsweise die Verbindung zur Fernsteuerung unterbricht, dann fliege eine Drohne mit Klassenmarkierung automatisch zum Ausgangspunkt zurück. Ebenfalls wenn der Akku leer sei. «Die Racing-Drohne für die Filmaufnahmen von Philippe Müller fällt wie ein Stein vom Himmel, wenn der Akku leer ist».
Sandra Bodmer, Leiterin Sektion UAS im Bundesamt für Zivilluftfahrt Bazl, sagt: «Als zuständige Aufsichts- und Vollzugsbehörde können wir uns nicht zu Mutmassungen äussern. Fakt ist: Drohnen ohne Klassenmarkierung dürfen nicht in der Stadt fliegen.»
Weshalb eine solche Drohne?
Der Regierungssprecher schreibt auf nochmalige Nachfrage nun von einem Missverständnis. Die Drohne sei tatsächlich über 250g. Das Amt für Kommunikation habe bei der Auftragserteilung auf die Besonderheiten des Rathauses hingewiesen, dass die Aufnahmen rechtmässig erfolgen müssen. «Wie unser externer Partner bestätigt, waren die nötigen Bewilligungen vorhanden, die gesetzlichen Bestimmungen wurden eingehalten». Die Drohne sei jeweils nur für kurze Zeit in der Luft, der Platz beim Rathaus abgesperrt gewesen. Man sei nicht höher als die Dachfirste geflogen, so dass zu keinem Zeitpunkt Personen gefährdet waren.
Die Firma, welche die Aufnahmen verantwortet, schreibt, sie hätten eine Flugbewilligung von Skyguide gehabt. Die Drohne sei registriert und wurde von einem lizenzierten Piloten gesteuert. Zudem erfülle die Drohne alle nötigen Vorgaben für eine Klassenmarkierung. Gegenüber SRF Investigativ wollen die Verantwortlichen das genaue Modell aber nicht bekannt geben. «Aus Datenschutz- und Vertraulichkeitsgründen veröffentlichen wir keine internen Dokumente».
Seit 2023 gelten die strengeren Drohnen-Regeln der EU auch in der Schweiz. Offenbar kennen diese noch nicht alle Piloten und Pilotinnen. Für den Berner Sicherheitsdirektor bedeutet dies nun mehr Ärger statt Werbung.