Die Milizfeuerwehr hat zwar grundsätzlich genügend Leute, aber zu wenige, die tagsüber verfügbar sind – wegen des Jobs. Der Druck, die Anforderungen, die Komplexität in der Arbeitswelt sind in den letzten Jahren gestiegen. «Bin kurz weg, Brand löschen!» ist in vielen Berufen schwierig.
«Früher hatten wir in Thun viel mehr repetitive Arbeiten, etwa in der Waffenindustrie. Da konnte man Leute einfacher herausnehmen und andere übernahmen», erzählt Roland Gfeller, Kommandant von Schutz und Rettung Thun. Das sei heute nicht mehr so.
Aus geschäftlicher Sicht sind sie absolut nicht geeignet für die Feuerwehr.
Das bestätigt auch der Chef einer Fensterbaufirma in Thun. Lukas Schönthal ist selbst in der Milizfeuerwehr. Da er oft im Büro arbeitet, bringt er die rund hundert Einsätze pro Jahr an seinem Job vorbei. Das könnten aber nicht alle seine Mitarbeitenden: «Bei den externen Monteuren ist der Zeitplan so knapp, dass sie diese Arbeit nicht aufholen können.» Man könne sie auch nicht ersetzen: «Aus geschäftlicher Sicht sind sie absolut nicht geeignet für die Feuerwehr.»
Keine Beförderung für Feuerwehrleute
Schwieriger wird es für gewisse Feuerwehrleute zudem, wenn sie weitermachen wollen – Kommandant oder Einsatzleiterin werden. «Wir merken, dass sich viele Leute in der Kaderausbildung entscheiden müssen», sagt Peter Frick, Feuerwehrinspektor der Gebäudeversicherung Bern.
Es sei auch schon vorgekommen, dass Mitarbeitende auf der Arbeit nicht befördert wurden, weil sie wegen der Feuerwehreinsätze zu oft fehlen. Das seien Einzelfälle, entgegnet Adrian Haas, Präsident des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern. Es habe auch Vorteile, Mitarbeitende zu haben, die in der Feuerwehr ausgebildet wurden: «Sie sind krisenerprobt, können kurzfristig handeln und Führungsverantwortung übernehmen.»
Es hat auch Vorteile für Firmen, wenn man Kaderleute der Feuerwehr hat.
Die Mehrheit der Unternehmen habe grosses Verständnis für die Milizfeuerwehr. Aber der Druck steigt, sagt auch Adrian Haas. Hinzu kommt, dass man immer weniger in der Nähe des Wohnorts und damit des Feuerwehrstützpunktes arbeitet.
Ausgerechnet Corona hat das Problem zwischenzeitlich entschärft. Wegen der Homeoffice-Pflicht sind deutlich mehr Feuerwehrleute zu Hause und damit einsetzbar. «Es könnte so weit gehen, dass wir Arbeitsplätze im Feuerwehrmagazin zur Verfügung stellen und die Leute hier Homeoffice machen», sagt Kommandant Gfeller. Ganz lösen könne man das Problem damit aber nicht.
Helfen könnte eine Teil-Professionalisierung. Die gesamte Feuerwehr zu professionalisieren sei zu teuer, so das Credo, aber die Administration oder Materialwartung könnten Festangestellte machen.
Zudem soll die Feuerwehr digitaler werden. «Wir arbeiten daran, eine Plattform aufzubauen», sagt der bernische Feuerwehrinspektor Peter Frick. Einzelne Gemeinden besitzen bereits eine App, in der man jeden Tag anklicken kann, ob man verfügbar ist. Das soll bei der Planung helfen.
Seit einiger Zeit hat es die Feuerwehr auch auf die Frauen abgesehen, die dazu beitragen könnten, dass auch tagsüber genügend Leute zur Verfügung stehen.
Die Zukunft der Feuerwehr sieht Frick aber in einem neuen System. Im Kanton Bern soll man künftig nicht mehr nur dort ausrücken, wo man wohnt, «sondern dort, wo man gerade ist.» Dafür bräuchte es aber eine einheitliche Linie. «Das ist zwar bei der Ausbildung so. Aber jedes Feuerwehrauto in jeder Gemeinde ist anders ausgestattet und anders verräumt», sagt Stephan Gerber vom bernischen Feuerwehrverband.