«Pub Crawl». Salopp übersetzt versteht man unter dem englischen Begriff eine Sauftour, in der man von Bar zu Bar zieht, und sich letztlich nur noch kriechend fortbewegen kann – aufgrund des erhöhten Alkoholpegels versteht sich. Aber beim «Dry Pub Crawl» in Aarau kriecht niemand aus der Bar. Alle 15 Personen, die gestern Abend auf dieser Tour waren, rühren nämlich im Januar keinen Alkohol an.
Unter Ihnen sind verschiedene Leute mit unterschiedlichen Beziehungen zu Alkohol. Sie alle machen aber beim «Dry January» mit. Manche sind regelmässige Trinkerinnen, die sich mal eine Pause gönnen möchten, manche sind Gelegenheitstrinker, die jeweils im Ausgang zur Flasche greifen. Andere trinken nie, und freuen sich in einer Runde zu sein, in der sie sich dafür nicht erklären müssen.
Hinter dem «Dry Pub Crawl» steht das Blaue Kreuz. Die Organisation, welche den Alkoholkonsum hinterfragt und Suchthilfe bietet, hat im Rahmen des «Dry January» verschiedene Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Darunter eben auch die trockene Beizentour in Aarau.
Doch macht der alkoholfreie Barbesuch auch Spass? Schliesslich heisst es, dass der Alkohol für gute Stimmung sorge. Durchs Trinken werde man lockerer, selbstbewusster und kontaktfreudiger, sagt der Volksmund.
Lustig, ohne Alkohol
Doch für gute Stimmung brauche es keinen Alkohol, behauptet Luna Hannappel vom Blauen Kreuz: «Man braucht den Alkohol nicht, um sich kennenzulernen. Man kann auch in Bars zusammen sein, ohne zu trinken.»
Aber was ist mit der enthemmenden Wirkung des Alkohols? Trinken hilft bestimmt, um ein Gegenüber anzusprechen. Oder? Das möge sein, nötig sei aber auch das nicht, sagt Hannappel. Es gehe auch anders.
Beim «Dry Pub Crawl» in Aarau sorgen Kennenlernspiele, ein per Velo angetriebener Drinkmixer und gute Musik innert kürzester Zeit für eine ausgelassene Stimmung unter den Teilnehmenden.
Im Verlaufe des Abends wird die «Dry Pub Crawl»-Truppe immer lauter und ausgelassener. Wer die Waldmeier Bar in Aarau betritt, würde staunen, dass hier kein Alkohol im Spiel ist. Die Truppe beweist: Sie kann tatsächlich auch ohne Alkohol lustig sein.
Alkoholfreie Getränke als Wachstumsmarkt
Hat das Blaue Kreuz damit sein Ziel erreicht? Ja. Es gehe darum zu zeigen, dass man eine Beizentour auch ohne Alkohol durchführen kann und dabei nicht schief angeschaut wird, erklärt Luna Hannappel. Und zwar weder von anderen Gästen noch von den Betreibern der Bars. Denn: «Die Auswahl an alkoholfreien Getränken nimmt steig zu», sagt Luna Hannapel.
Alkoholfreies Bier gebe es schon seit vielen Jahren, seit wenigen Jahren sind aber auch viele alkoholfreie Drinks oder alkoholfreier Wein auf dem Markt. Und dieser Trend sei unaufhaltsam. «Während viele die allgemeine Wirtschaftslage beklagen, blüht der Verkauf von alkoholfreiem Wein, Bier und Drinks in Bars und Läden», sagt Hannappel.
Zufrieden, ohne Kater
Doch wie sieht das Fazit der Teilnehmenden aus? Stellvertretend für die ganze Gruppe sagte «Dry Pub Crawl»-Teilnehmerin Jen Raabe: «Es war toll, dass man Leute kennenlernen kann, Spass zusammen haben kann und man etwas von einer Stadt sieht, ohne dass man am Ende alle stockbesoffen sind.»
Stockbesoffen war gestern auf dem «Dry Pub Crawl» in der Tat niemand. Aus der Bar kroch auch keiner. Der berüchtigte Kater bleibt wohl aus. Aber Spass scheinen dennoch alle gehabt zu haben.