Das Wichtigste in Kürze:
- Das Seco bewilligt 2016 erstmals den Export militärisch verwendbarer Güter in den Irak.
- Der Deal über rund 100 Millionen Franken umfasst Chiffriergeräte, welche abhörsichere Kommunikation ermöglichen.
- Abnehmer ist gemäss Seco ein ziviles irakisches Ministerium.
- Insgesamt bewilligt das Seco 2016 den Export von so genannten Dual-Use- und besonderen militärischen Gütern im Umfang von 1,2 Milliarden Franken.
Lange war der Irak bei Schweizer Exporteuren von militärisch verwendbaren Gütern eine Tabuzone. Eine Recherche von SRF Data zeigt nun: Im letzten Jahr wurde erstmals ein Export von Chiffriergeräten im Umfang von rund 100 Millionen Schweizer Franken beantragt – und bewilligt.
Dies geht aus einer kürzlich veröffentlichten Statistik des Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hervor, das solche Geschäfte bewilligen muss. Gemäss Jürgen Böhler, Leiter Exportkontrollen beim Seco, handelt es sich dabei um Telefone, mit denen abhörsicher kommuniziert werden kann. Der Empfänger: laut Seco ein ziviles irakisches Ministerium.
Seco: Export unbedenklich
Bei den Telefonen handelt es sich um sogenannte «Dual-Use-Güter» – Güter, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können. Zusammen mit den «besonderen militärischen Gütern» – beispielsweise Trainingsflugzeuge, Funksysteme oder Tarnmaterial – werden jene im Güterkontrollgesetz (GKG) reguliert.
Im Gegensatz zu konventionellen Kriegsmaterialexporten werden GKG-Güter weniger restriktiv gehandhabt – humanitäre Überlegungen zum Beispiel haben bei der Beurteilung von Ausfuhrgesuchen kein Gewicht. Einzig und allein für eine Kategorie von Gütern hat der Bundesrat vor zwei Jahren eine Ausnahme gemacht: Der Export von Überwachungstechnologie soll unterbunden werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Güter zu repressiven Zwecken eingesetzt werden könnten.
Bei den im letzten Jahr bewilligten Exporten in den Irak handelt es sich aber nicht um diese Güterkategorie, da mit den Geräten nicht Personen abgehört werden können. Zudem betont Jürgen Böhler vom Seco, dass im Falle einer Entwendung der Geräte durch Dritte – zum Beispiel durch die Terrormiliz IS –, keine Gefahr bestünde. Die Geräte könnten mit technischen Sicherungsmassnahmen deaktiviert werden.
Exporte im Umfang von 1,2 Milliarden Franken bewilligt
Auch im letzten Jahr wurden Exporte von «Dual-Use-» und «besonderen militärischen Gütern» im Wert von über einer Milliarde Franken bewilligt. Der Wert bewegt sich ungefähr im alljährlichen Mittel. Dies zeigt die aggregierte Statistik des Seco, die SRF Data hier interaktiv aufbereitet.
Die Daten geben ein detailliertes Bild über die Exportpolitik des Bundes und eine Übersicht darüber, welche Länder an welchen Gütern interessiert sind – und in welchem Umfang. Besonders beliebt sind Trainingsflugzeuge und Simulatoren, vorderhand exportiert nach Saudi-Arabien, Indien und Katar.
Die Datenbank des Seco beinhaltet ausschliesslich die Bewilligungen der Geschäfte und keine Angaben darüber, was effektiv ausgeführt wurde. Ebenso fehlen Güter, die als Kriegsmaterial gelten. Ein Teil der Aufträge sind so umfassend, dass ihre Ausführung mehrere Jahre dauert. Weil eine Exportbewilligung aber nur ein Jahr gültig ist, tauchen in den Daten vereinzelt auch Geschäfte auf, die schon vor dem Jahr 2012 bewilligt wurden. Solche Mehrfachbewilligungen führen dazu, dass Aufträge in der Statistik mehrfach vorkommen können. Das Seco will diese Schwäche künftig beheben.