- Der Fachkräftemangel dürfte sich verschärfen, warnen Economiesuisse und der Schweizerische Arbeitgeberverband.
- In den kommenden Jahren werden deutlich mehr Schweizerinnen und Schweizer in Pension gehen als Junge am Arbeitsmarkt nachrücken.
- Sie wehren sich auch gegen die Pläne der SVP, die Zuwanderung einzudämmen.
- Die SVP kündigte an, in den nächsten Tagen eine entsprechende Initiative zu lancieren.
«Viele Unternehmen quer durch die Schweizer Wirtschaft bekunden grosse Schwierigkeiten, ihre offenen Stellen zu besetzen. Und die weiteren Aussichten sind düster», sagte Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder vor den Medien.
Sorgen bereitet der Wirtschaft die grosse Zahl an «Babyboomern», die in nächster Zeit pensioniert werden. Diese wurden in der Nachkriegszeit in Jahren mit hohen Geburtenraten geboren.
Jüngere Jahrgänge könnten den drohenden Wegfall dieser Generation vom Arbeitsmarkt längst nicht kompensieren, sagte Mäder. Die erwerbsfähige Bevölkerung schrumpfe ohne Berücksichtigung der Zuwanderung seit 2020 immer deutlicher.
Im Jahr 2029 wird laut Mäder die Zahl der in Pension gehenden Menschen jene der am Arbeitsmarkt eintretenden Jungen um über 30'000 Personen übertreffen. Und führe man die Rechnung weiter, dann dürften dem hiesigen Arbeitsmarkt selbst ohne weiteren Zuwachs an neuen Jobs bis 2040 kumuliert 431'000 Personen fehlen. Das seien acht Prozent der heute erwerbstätigen Bevölkerung.
Zuwanderung dämpft das Problem
Eine Möglichkeit, um offene Arbeitsplätze zu besetzen, ist die Zuwanderung. Ohne ausländische Arbeitskräfte wäre die Schweiz nicht so erfolgreich, wie sie heute dastehe, hielt SAV-Präsident Valentin Vogt fest. Ohne sie stünden Baustellen still und Restaurants oder Spitäler hätten grosse Schwierigkeiten, den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Diese Initiative wird der Wirtschaft massiv schaden.
Im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen im Oktober wächst aber der Widerstand von rechts gegen die Zuwanderung. Allen voran die SVP plant, mit der Lancierung einer entsprechenden Initiative, der Zuwanderung Grenzen zu setzen.
«Wenn diese Initiative ankommt, dann haben wir definitiv ein Problem», sagt Vogt. Auf die Frage, ob er davor warne, dass dies der Wirtschaft massiv schaden würde, antwortet Vogt: «Ja, das ist so. Diese Initiative wird der Wirtschaft massiv schaden.»
Wenn wir unsere Lebensqualität behalten wollen, müssen wir jetzt langsam zurück auf eine massvolle Zuwanderung.
Bei der SVP hört man diese Warnung der Wirtschaftsverbände nicht gern. Der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter wisse nicht, «in welcher Blase die Wirtschaftsfunktionäre sitzen», sagt Matter.
Seit der Einführung der vollen Personenfreizügigkeit sei der Wohlstand in der Schweiz gemessen am BIP pro Kopf stagniert. «Wenn wir unsere Lebensqualität behalten wollen, müssen wir jetzt langsam zurück auf eine massvolle Zuwanderung», fügt er an.
Produktivität steigern
Durch Zuwanderung allein kann das immer grösser werdende Manko am Arbeitsmarkt aber nicht behoben werden. Es müsse auch die Produktivität in der Schweizer Wirtschaft verbessert werden – und dazu bräuchten die Firmen gute Rahmenbedingungen, hiess es. Das bedeute unter anderem genügend Mittel für Forschung sowie weniger Regulierung.
Zudem müsse die Wirtschaft das inländische Arbeitskräftepotenzial noch besser nutzen, allen voran jenes der Frauen. Da allein lägen rund 300'000 Vollzeitstellen brach, so Vogt. Es brauche eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zudem fordern die Verbände den Staat dazu auf, das starke Stellenwachstum bei Bund, Kantonen und staatsnahen Betrieben einzudämmen.