Nordsyrien in diesem Januar: Kämpfer der Terrororganisation IS greifen ein kurdisches Gefängnis in Al-Hassaka an. Sie wollen Gesinnungsgenossen befreien. Heftige Gefechte brechen aus. In diesem Chaos verliert sich die Spur von drei inhaftierten Schweizer Dschihadisten.
Sie hatten sich der Terrorgruppe IS angeschlossen und waren nach dem Zusammenbruch der IS-Herrschaft in Nordsyrien von Kurden gefangen genommen worden. Doch nach dem IS-Angriff auf das Gefängnis wissen die Schweizer Behörden monatelang nicht, ob die drei entkommen sind, getötet wurden – oder unterwegs sind Richtung Schweiz.
Immer noch gefährlich
Nun die Entwarnung: «Die kurdischen Behörden haben uns vor Kurzem mitgeteilt, dass die drei Schweizer gemäss ihren Informationen am Leben und in verschiedenen Gefängnissen sind», sagt Johannes Matyassy, Chef der Konsularischen Direktion im Aussendepartement EDA.
Auch wenn es noch keine Verurteilung gebe: Die drei Männer seien weiterhin potenziell gefährlich, so Matyassy. Es sei gut zu wissen, dass sie in Gewahrsam seien und somit nicht versuchen könnten, in die Schweiz zurückzukehren. Genau das will die Schweiz um jeden Preis verhindern.
Was tun mit den Dschihadisten?
Wie es mit den drei früheren IS-Anhängern weitergeht, ist offen: Eine funktionierende Justiz gibt es nicht in den Kurdengebieten. Und die kurdischen Behörden haben in den letzten Jahren mehrfach erklärt: Sie könnten nicht garantieren, dass ihre ausländischen Gefangenen sicher verwahrt werden können. Just in diesen Tagen ist die Lage erneut eskaliert – mit schweren türkischen Luftangriffen auf das Gebiet.
Die Schweiz sei mit den kurdischen Behörden in ständigem Kontakt, sagt Matyassy. Von einem Besuch oder einem direkten Kontakt mit den drei Schweizern sei man zurzeit aber weit entfernt: Weil die Sicherheitslage angespannt sei und ein Besuch falsche Erwartungen wecken könne – Erwartungen seitens der Dschihadisten, die in früheren Interviews den Wunsch nach einer Rückkehr geäussert hatten. Erwartungen aber auch seitens der Kurden, die inhaftierte IS-Anhänger unbedingt in ihre Herkunftsländer abschieben wollen.
Rückgeführte Kinder in der Schweiz
Für den Bundesrat komme eine Rücknahme der potenziell gefährlichen Schweizer weiterhin nicht infrage, sagt Matyassy. Neben den drei inhaftieren Schweizer Dschihadisten befinden sich zwei weitere Schweizerinnen in kurdischen Frauenlagern für IS-Anhängerinnen – mitsamt schulpflichtigen Kindern.
Die Situation ist sehr schwierig.
Der Bundesrat hat vor über drei Jahren entschieden: Nur die Kinder von Schweizer Dschihadisten können zurückkehren, nicht aber deren Väter und Mütter. Vor einem Jahr willigte eine der Schweizerinnen ein, dass zwei ihrer Kinder zu ihren jeweiligen Vätern in der Schweiz zurückkehren durften.
«Den Kindern geht es nach unseren Informationen sehr gut, sie haben sich gut integriert und sind in der Schule», so Matyassy. Mit der zweiten Schweizerin würden Gespräche laufen über eine Rückkehr ihres Kindes: «Die Situation ist sehr schwierig», sagt Matyassy nur.
Kurswechsel unter Baume-Schneider?
Die Weigerung der Schweiz, die Kinder zusammen mit ihren Müttern zurückzuholen, ist nicht unumstritten. Andere europäische Länder haben auch Müttern die Rückkehr erlaubt und sie zu Hause vor Gericht gestellt. Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz appelliert an die Staaten, ihre Landsleute zurückzunehmen.
Zuständig für die Rückkehrpolitik der Schweiz ist das Justizdepartement. Die bisherige Justizministerin Karin Keller-Sutter war vor drei Jahren federführend beim Entscheid, erwachsene IS-Anhänger von der Heimat fernzuhalten. Am 1. Januar übernimmt SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider ihr Amt. Beobachter spekulieren, dass sie die Praxis überdenken und dem Bundesrat einen Kurswechsel vorschlagen könnte.