Die Eidgenössischen Wahlen stehen zwar erst im Herbst 2023 an – sorgen aber schon jetzt für viele Diskussionen. Bei der SP im Kanton Bern beispielsweise. Da geht es aber längst nicht mehr um getrennte Frauen- und Männerlisten, sondern um Queer. Also um eine Minderheit, die bei den nationalen Wahlen im Oktober 2023 sichtbarer werden will.
Das verlangt etwa die Juso Kanton Bern. Die Jungpartei fordert, dass die zwei Stammlisten der SP mit der Bezeichnung «Queer» ergänzt werden: SP Queer Frauen und SP Queer Männer. «Wir non-binären Menschen werden in diesem System ausgelöscht, wir existieren offiziell nicht», sagte Frédéric Mader, Co-Präsident der bernischen Juso am Parteitag vom Wochenende. Dabei wurde diskutiert, wie die Listen der bernischen SP für die Wahlen aussehen könnte – und mit Queer ergänzt werden.
Denn Sichtbarkeit heisse für non-binären Menschen nicht die Erfüllung einer Quote oder einer möglichst diverse Liste. «Es geht darum, dass wir gesehen werden. Dass das Unrecht, das uns geschieht, gesehen wird.»
Sofia Fischer von der Juso fügte an: «Nicht binäre und intergeschlechtlichen Personen kandidieren ungern bis gar nicht auf einer Männer- oder Frauen-Liste.» Man sehe einer Person die Geschlechtsidentität nicht an. Man wolle sich als Partei nicht anmassen, von den Kandidierenden zu verlangen, sich öffentlich outen zu müssen.
Um die Queer-Anliegen noch stärker einbringen, gründet die SP darum am 10. September eine nationale Queer-Gruppe. Die queeren Menschen sind nicht die einzigen, die mehr Sichtbarkeit wünschen. Die SP muss sich auch überlegen, ob die Gewerkschaften wieder erwähnt werden, wie bei den letzten Eidgenössischen Wahlen 2019.
Migranten und Gewerkschaften wollen auf Liste
Damals hiessen die Listen: «Sozialdemokratische Partei und Gewerkschaften – Frauen» und «Sozialdemokratische Partei und Gewerkschaften – Männer».
Aber auch die Migrantinnen und Migranten wollen bei den Nationalratswahlen besser wahrgenommen werden. Sie fordern zwar nicht, ebenfalls im Listennamen vorzukommen. Sie wollen aber einen möglichst guten Platz auf der Liste. «Das Potenzial, noch mehr Menschen mit Migrationshintergrund als Wählende und Kandidierende zu gewinnen, ist enorm gross», meinte Layla Guezel von den SP Migrantinnen und Migranten.
Queer, Migranten, Gewerkschaften: Hat die SP, die sich gern als Partei für alle statt für wenige gibt, langsam ein Problem, allen Minderheiten gerecht zu werden? Nein, meint SP-Co-Präsident Ueli Egger. Aber: «Es muss für die Wählerinnen und Wähler noch lesbar sein und die Leute müssen es verstehen.» Sollten die Gewerkschaften, Queere, Migrantinnen und weitere Personengruppen wie etwa 60 Plus dazukommen, «dann geht es einfach nicht mehr», sagt Egger.
Den Namen mit «Queer» zu verlängern, wollte die Geschäftsleitung der kantonalen SP am Parteitag noch nicht entscheiden. Sondern erst, wenn klar ist, welche Personen tatsächlich für die Eidgenössischen Wahlen 2023 kandidieren.