In der Berner Gastronomie gelten neue WC-Regeln. Seit November müssen grössere Gastrobetriebe ab 50 Plätzen keine getrennten WC's mehr anbieten.
Damit sollen Angebote für Menschen geschaffen werden, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zugehörig fühlen. Aber auch für Eltern und Grosseltern, die mit ihrem Nachwuchs auf das stille Örtchen müssen.
Bern zieht damit etwa dem Kanton Luzern nach, wo Unisex-WCs in Beizen seit 2018 erlaubt sind. Die Hürden für Unisex-WCs sind auch für Clubs wie das Kapitel Bollwerk gefallen.
Das Tanzlokal führt nun ein neues WC-Konzept für die Gäste ein. Zwar gibt es immer noch zwei Toiletten. Das ehemalige Männer-WC mutiert zum «All-Gender-WC, wo alle Menschen willkommen sind», sagt Diego Dahinden, Co-Geschäftsführer des Kapitels.
Vorbei sind also im Kapitel die Zeiten der Strichmännchen mit und ohne Rock. Tobias Burkhalter, Präsident von Gastro Bern, sieht darin nicht nur Vorteile. «Toiletten sind vielfach auch ein Rückzugsort. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das gut kommt, wenn alles plötzlich gemischt ist», sagt er zu Radio SRF.
Trotz genderneutralen WCs ist es auch dem Tanzlokal Kapitel wichtig, den Nachtschwärmerinnen und Nachtschwärmern weiterhin eben diesen Rückzugsort zu bieten. Die Lösung für die Kapitel-Verantwortlichen ist das «Finta»-WC. Auf dieses dürfen alle gehen, ausser jene, die sich als Männer definieren.
Im früheren Frauen-WC seien alle Leute willkommen. Ausser eben Cis-Männer. «Das WC ist ein Safer-Space für Finta-Personen. Eine sicherere Möglichkeit, aufs WC zu gehen», so Dahinden weiter. Aber auch Männer, die sich als Männer definieren, erhielten ihren Rückzugsort. «Wenn sich eine männliche Person mit der WC-Situation unwohl fühlt, kann er das Personal-WC nutzen.»
Ein WC für alle – Unisex-WCs dürften in den Berner Gastrobetrieben nicht so schnell zum Standard werden. Insbesondere, wenn dazu Umbauten nötig seien. «Es gibt vordringlichere Sachen, die uns beschäftigen», sagt Burkhalter weiter und spricht den Fachkräftemangel oder die Energiekrise an.
Museum erhält Lob für Unisex-Toiletten
Gute Erfahrungen mit Unisex-Toiletten macht derweil das Naturhistorische Museum Bern. Zwölf Toiletten hat das Museum 2021 im Rahmen der Ausstellung «Queer» zu geschlechtsneutralen stillen Örtchen umgenutzt.
Kurator Simon Jäggi wollte wissen, wie diese beim Publikum ankommen und regte die Leute an, ihre Meinungen zu den Unisex-Toiletten abzugeben. «Fast 80 Prozent von über 400 Rückmeldungen waren positiv», so Jäggi. Etliche Besuchende hätten sich aber weiterhin geschlechtergetrennte Toiletten gewünscht, etwa wegen der frei stehenden Pissoirs. Darum werde man in Zukunft einen Mix aus verschiedenen Toiletten anbieten.