Eine der zahllosen Betroffenen ist F.W. Sie ist alleinerziehende Mutter von vier Kindern und arbeitet als Putzkraft im Stundenlohn. Vor Corona reichte das Geld knapp. Weil ihr mehrere Haushalte aber die Aufträge streichen, fehlen monatlich über 400 Franken, für F.W. viel Geld. Jede Ausgabe, die sie jetzt tätigt, überlegt sie sich sehr gut. Zum Beispiel, ob sie ihrer Tochter für 20 Franken einen Adventskalender kaufen soll.
Sie hat ihn schlussendlich doch gekauft – ihre Tochter sollte nicht die einzige in der Klasse sein, die keinen Kalender bekommt. «Ich mache bei mir Einschränkungen und achte darauf, dass die Kinder etwas bekommen. Und wir machen Ausflüge, die nichts kosten.»
Im Lockdown im Frühling hatte F.W. noch weniger Aufträge. Sie machte Schulden und suchte Hilfe. Die Corona-Hilfe der Caritas übernahm die offenen Rechnungen der Krankenkasse – für F.W. eine grosse Entlastung. Doch der Schritt, Hilfe zu holen, war für sie schwierig: «Es braucht wahnsinnig Mut. Man fühlt sich als Versagerin, weil man es nicht alleine schafft.»
Wer wenig hat, hat wegen Corona noch viel weniger
Die Coronakrise hat in der Schweiz vor allem die Situation jener Menschen verschärft, die schon vorher von Armut betroffen oder armutsgefährdet waren. Wegen Corona fehle dann das Geld für die Miete, die Krankenkassenprämie oder andere Fixkosten, beobachtet Silja Wenk, Leiterin der Corona Hilfe der Caritas Bern. Dann sei es wichtig, sich Hilfe zu holen. «Viele Menschen denken, sie hätte die Lage in zwei bis drei Monaten wieder im Griff. Es dauert aber länger. Man sollte nicht Schulden machen mit der Idee, man könne es bald problemlos zurückzahlen.»
Viele Menschen denken, sie hätte die Lage in zwei bis drei Monaten wieder im Griff. Es dauert aber länger.
In der Schweiz gibt es soziale Auffangnetze. Doch diese hätten oft Lücken, sagt Silja Wenk. Es komme immer wieder vor, dass Menschen ohne Hilfe dastünden, weil sie zwischen den Maschen der sozialen Netze fallen. Und: «Die Netze sind sehr bürokratisch. Wenn man einen Antrag für finanzielle Hilfe stellt, muss man oft drei bis sechs Monate warten. Diese Zeit muss man mit eigenem Geld überbrücken können. Wer das nicht kann, gerät in Not.»
F.W. hofft, dass die Coronakrise nicht allzu andauert und sie bald wieder mehr Aufträge hat. Und Sie macht sich selber Mut: «Anderen geht es schlimmer. Meine Kinder und ich haben es gut miteinander. Es darf einfach nicht schlechter werden.»
Hier bekommen Sie seriöse Hilfe:
Tipps: Was muss ich tun?
- Verschaffen Sie sich einen genauen Überblick über Ihre offenen Rechnungen.
- Bei den Krankenkassenprämien, Alimenten oder der Miete sollten Sie auf keinen Fall in Verzug geraten. Neben zusätzlichen Kosten riskieren Sie die Kündigung der Wohnung.
- Bitten Sie Gläubiger wie zum Beispiel das Steueramt um einen Aufschub oder um Ratenzahlungen.
- Reizen Sie Mahnfristen niemals bewusst aus. Das Mahnwesen ist gesetzlich nicht geregelt. Ein Gläubiger kann sie auch ohne mehrmaliges Mahnen betreiben.
- Finger weg von sogenannten Finanzdienstleistern, die ihnen eine rasche Lösung Ihrer finanziellen Probleme versprechen. Die Enttäuschung ist vorprogrammiert.
- Wenn Sie Hilfe brauchen: Wenden Sie sich an eine seriöse Schuldenfachstelle (Adressen siehe Links oben). Eine Schuldenfachselle kann prüfen, ob Sie Anspruch auf Sozialhilfe haben oder ob es einen anderen Weg gibt, wie sie aus dem finanziellen Engpass kommen.