Philipp Schoch ist ehemaliger Landratspräsident von Basel-Land und hat letzte Woche seinen Mann geheiratet. Nicht in der Schweiz. Denn hier wäre gesetzlich lediglich eine eingetragene Partnerschaft möglich. Schoch heiratete seinen deutschen Partner in Deutschland. «Der Entscheid war schnell gefallen, denn in der Schweiz gibt es die Ehe für alle nicht», so der Grünen-Politiker.
Gleiche Rechte und Pflichten
Ein Gesetzesentwurf, der sowohl für hetero- wie auch für homosexuelle Paare gleiche Rechte und Pflichten will, wird derzeit politisch diskutiert und hat durchaus Chancen. Im Juni endete eine entsprechende Vernehmlassung.
Bei den Parteien findet das Anliegen grossmehrheitlich Zuspruch. Mit Ausnahme der SVP ist der «Ehe für alle» die Unterstützung der Parteien gewiss. Die Kirchen im Land sind dagegen gespalten.Die katholische Bischofskonferenz konnte sich im Vernehmlassungsverfahren zu keiner Stellungnahme durchringen und auch der evangelische Kirchenbund tut sich schwer mit seiner Parole. Nun bringt die Zürcher Landeskirche Bewegung in die Sache und spricht sich für die Ja-Parole aus. Schweigen sei nicht der richtige Weg, sagt Kirchenratspräsident Michel Müller gegenüber 10vor10. «Die Zürcher Kirche anerkennt seit 1999 Homosexualität als gleichwertige Ausdrucksform der Liebe. Konsequenterweise folgt nun die Ehe für alle auf zivilgesetzlicher Ebene», so Müller.
Kein Konsens auf nationaler Ebene
Auf nationaler Ebene konnte man sich beim evangelischen Kirchenbund im Vernehmlassungsverfahren zum entsprechenden Gesetzesentwurf zu keiner klaren Parole durchringen. Auch eine Arbeitsgruppe, welche sich mit dem Thema Familie, Ehe und Sexualität auseinandergesetzt hatte, konnte keinen Konsens finden.
Jürg Buchegger, Pfarrer in Frauenfeld, war Mitglied dieser nationalen Arbeitsgruppe. Für ihn ist klar: «Ich sehe keinen Grund, warum man die Ehe öffnen soll. Die Ehe ist eigentlich immer etwas für Mann und Frau, auch im Hinblick auf das Kinderkriegen.»
Segnen bereits heute möglich
Zivilrechtlich ist die Eheschliessung gleichgeschlechtlicher Paare in der Mehrheit der europäischen Länder erlaubt. Darunter in Deutschland, Frankreich, Irland oder den Niederlanden, wo sich Schwule und Lesben bereits seit bald 20 Jahren das Ja-Wort geben können. Ob die Kirche die Trauung anschliessend ebenfalls vollzieht, ist ihr überlassen.
Die Bülacher Pfarrerin Yvonne Waldboth hat in den letzten Jahren mehrere gleichgeschlechtliche Paare gesegnet. Einem Paar den Segen zu erteilen, sei schon heute möglich und in der reformierten Kirche gängige Praxis, so die Pfarrerin. «Heiraten ist ein Menschenrecht, das dürfen wir auch nie vergessen, und es ist ehrenhaft, als Kirche für so ein Menschenrecht einzutreten.»
Für Waldboth ist klar: «Es gibt keinen Grund, jemandem den Segen zu verweigern.» Es gäbe kritische Stimmen zur «Ehe für alle», aber man trage als öffentlich-rechtliche Institution auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.
Sowohl politisch wie kirchlich zeichnet sich demnächst ein Entscheid ab. Ende Monat werden die Vernehmlassungsergebnisse in der zuständigen Kommission des Nationalrates diskutiert. Dann wird sich zeigen, ob der Weg für die zivilrechtliche Trauung aller Menschen geöffnet wird oder nicht. Bereits nächste Woche setzt sich der Rat des Schweizerischen evangelischen Kirchenbundes SEK zusammen. Laut SEK soll dann eine klare Parole gefasst werden.