Zwölf Jahre im Bundesrat - Berset tritt zurück: «Die Pandemie war brutal»
Alain Berset wird nicht mehr als Bundesrat kandidieren. Durchgehend war er Innenminister – und wird dies noch bis Ende Jahr bleiben. Dann wird sein Sitz bei den Gesamterneuerungswahlen im Dezember besetzt – vielleicht nicht von der SP.
Alain Berset ist gleich zur Sache gekommen. Auf Französisch, der Muttersprache des Freiburgers, gab er Sekunden nach Beginn der Medienkonferenz bekannt, nicht mehr als Bundesrat zu kandidieren.
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Alain Berset hat heute bekannt gegeben, nicht mehr als Bundesrat kandidieren zu wollen.
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Die Wortwahl, dies wurde im Verlauf der Medienkonferenz deutlich, ist Berset wichtig. Es handle sich nicht um einen Rücktritt. «Ich trete nicht zurück, sondern gebe bekannt, dass ich nach der jetzigen Legislatur nicht mehr antrete.»
SP-Bundesratssitz in Gefahr?
Tatsächlich wird Alain Berset noch bis Ende Jahr Bundesrat und Bundespräsident bleiben. Er respektiere die Institutionen, sagt der SP-Magistrat, und wolle das Ende seiner dritten Legislatur abwarten. Für Berset sei nämlich immer klar gewesen: Er will nach Möglichkeit zum Ende einer Legislatur zurücktreten.
Alain Bersets Karriere im Bundesrat – die besten Bilder
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Der langjährige Bundesrat und aktuelle Bundespräsident, Alain Berset, scheidet per Ende 2023 aus seinem Amt aus.
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Er wurde von der Vereinigten Bundesversammlung im Dezember 2011 als einer der beiden offiziellen SP-Kandidaten und als Nachfolger der zurücktretenden SP-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey gewählt.
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Nachdem er im zweiten Wahlgang mit 126 Stimmen – das absolute Mehr war bei 123 – gewählt wurde, erklärt er seine Annahme der Wahl.
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Der neuformierte Bundesrat ab Januar 2012 (von links): Doris Leuthard, Eveline Widmer-Schlumpf, Ueli Maurer, Didier Burkhalter, Simonetta Sommaruga, Johann Schneider-Ammann, Alain Berset und Bundeskanzlerin Corina Casanova.
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Am 9. Dezember 2015 wird Berset als Bundesrat wiedergewählt. Neu mit dabei ist Guy Parmelin. Er wurde als Nachfolger der zurückgetretenen Eveline Widmer-Schlumpf gewählt.
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Umgarnt von Medienschaffenden: Am 6. Dezember 2017 wurde der EDI-Vorsteher – übrigens leitete er seit jeher dieses Amt – erstmals zum Bundespräsidenten gewählt.
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Ein Bild, das um die Welt ging: Alain Berset bereitet auf einem New Yorker Trottoir seine Rede vor der UNO-Vollversammlung vor. (2018)
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Er besuchte während seiner Amtszeit auch ein Flüchtlingslager der Rohingya in Bangladesch. (2018)
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Wohl ein unvergesslicher Moment: Berset schüttelt Ex-US-Präsident und Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2024, Donald Trump, die Hand. (2018)
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Offenbar hat er sich auch als Naturfreund unter Beweis gestellt. (2018)
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16. März 2020: An einer der wohl berühmtesten Medienkonferenzen des Bundesrates erklärte der Gesundheitsminister zusammen mit der damaligen Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga den Shutdown.
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Während dieser Zeit beeinflusste Berset die Coronapolitik der Schweiz massgeblich.
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Pilot Berset sorgte aber auch für den einen oder anderen Skandal. So löste er im Sommer 2022 bei einem Privatflug den Einsatz der französischen Luftpolizei aus.
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Jüngst sorgten auch Indiskretionen seines ehemaligen Kommunikationschefs, Peter Lauener, für viele Schlagzeilen. Lauener soll dem Ringier-Verlagshaus vertrauliche Informationen zur Coronapolitik des Bundesrates zugespielt haben.
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Im vergangenen Juni traf er in Moldau den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, hier im Bild. Am 25. November reiste Alain Berset dann auch nach Kiew.
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Natürlich spiele das Leben in dieser Hinsicht nicht immer mit. Damit sprach Berset seine langjährige Kollegin Simonetta Sommaruga an, die wegen eines Schlaganfalls ihres Mannes im letzten November zurückgetreten ist.
Bundeshausredaktorin Nathalie Christen: «Heisses Wahljahr für SP»
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«Bundesrat Alain Berset will also nicht mehr. Er beendet noch sein Präsidialjahr und tritt dann im Dezember nicht mehr an für die Gesamterneuerungswahl des Bundesrates. Dass er dies schon rund ein halbes Jahr zuvor ankündigt, bringt seiner Partei sowohl Vor- als auch Nachteile.
Der Vorteil für die SP: Sie kann mitten im Wahljahr das Kandidierendenkarussel anschieben und so ihre besten Leute in den Medien präsentieren. Die SP erhält dadurch begehrte Medienpräsenz und ist Playerin in einem wichtigen Thema – andere Themen wie Zuwanderung kommen ihr da weniger entgegen.
Der Nachteil ist allerdings: Will man einer Partei einen Bundesratssitz wegnehmen, tut man das am besten bei einer Vakanz. Denn Bundesratsmitgliedern, die weitermachen wollen, eine Wahl verweigern; das tut das Parlament höchst selten. In jüngerer Zeit war dies bei Ruth Metzler der Fall, weil die CVP so stark übervertreten war. Und bei Christoph Blocher (SVP) brachte das Parlament mit der Abwahl seinen politischen Missmut zum Ausdruck. Ansonsten aber werden Bundesratsmitglieder – mehr oder weniger glanzvoll – wieder gewählt.
Für jene Parteien, die der SP allenfalls einen Bundesratssitz wegnehmen wollen, ergäbe sich im Dezember damit ein günstiger Moment. Je nachdem, wer bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober gewinnt oder verliert, könnte es zum Thema werden, den Grünen auf Kosten der SP einen Bundesratssitz zu geben. Die Grünen wirken dieser Idee gegenüber weniger abgeneigt als auch schon. Und die Bürgerlichen könnten die Ansprüche der Grünen befriedigen, ohne das linke Lager zu stärken. Wie realistisch dieses Szenario ist, entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Sicher ist aber jetzt schon: Für die SP wird 2023 zum besonders heissen Wahljahr.»
Dennoch gab es auch kritische Nachfragen zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rücktritts. Die SP hat in den vergangenen Wahlen sukzessiv an Boden im Parlament eingebüsst, die Grünparteien sind auf dem Vormarsch. Mit der Entscheidung Bersets, auf Ende Legislatur zurückzutreten, wird der frei werdende Sitz zusammen mit der Gesamterneuerungswahlen nach den Parlamentswahlen im Herbst besetzt. Der Druck auf die SP steigt somit.
Ist der Bundesratssitz der SP jetzt in Gefahr? Dazu gab sich Berset bedeckt, er betonte wiederholt, dass es ihm wichtig sei, die «Institutionen zu respektieren». Immerhin: Parteipolitische Überlegungen habe es nicht gegeben.
«Brutale Pandemie»
Berset schaute während der Medienkonferenz auch auf seine Zeit als Innenminister zurück. Zunächst habe er es nie bereut, im selben Departement geblieben zu sein. «Ich glaube, eine gewisse Stabilität ist gut für Institutionen.»
Das Kandidatenkarussell für die Berset-Nachfolge
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Evi Allemann
Die Berner Regierungsrätin Evi Allemann (Jahrgang 1978) kandidiert für den Bundesrat. Von 2003 bis 2018 war die Juristin im Nationalrat.
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Allemann hatte bereits letztes Jahr für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga kandidert. Sie unterlag damals in der internen Ausmarchung Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider.
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Roger Nordmann
Der Waadtländer SP-Nationalrat Roger Nordmann (Jahrgang 1973) will in die Landesregierung, wie er anfangs Oktober an einer Medienkonferenz bekannt gab.
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Nordmann sitzt seit 2004 in der Grossen Kammer unter der Bundeshauskuppel. Viermal wurde er wiedergewählt. Im Nationalrat ist er Mitglied der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. Von 2015 bis 2023 war er Fraktionschef.
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Jon Pult
Der Bündner Nationalrat Jon Pult (Jahrgang 1984) kandidiert offiziell für den Bundesrat. Der schweizerisch-italienische Doppelbürger wurde 2019 in den Nationalrat gewählt.
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Pult gilt als eines der grössten Talente der SP und als guter Rhetoriker. Schon ein Jahr nach seinem Einzug ins Parlament machte ihn die SP zum Vizepräsidenten.
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Beat Jans
Der frühere Nationalrat und heutige Basler Regierungspräsident Beat Jans (Jahrgang 1964) will Bundesrat werden, wie er am 22. September offiziell bekannt gab.
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«Ich würde das Amt gerne und mit Überzeugung ausüben», sagte Jans an der Konferenz. Er hätte auch aus regionalpolitischen Überlegungen gute Chancen. Der Kanton Basel-Stadt war schon lange nicht mehr im Bundesrat vertreten.
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Matthias Aebischer
Der Berner Nationalrat Matthias Aebischer (Jahrgang 1967) will die Nachfolge von Alain Berset antreten.
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Vor seiner Zeit im Nationalrat war Aebischer unter anderem Moderator verschiedener Sendungen beim Schweizer Radio und Fernsehen SRF und erlangte dadurch in der Deutschschweiz grosse Bekanntheit.
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Daniel Jositsch
Der Zürcher Ständerat (Jahrgang 1965) kandidiert offiziell für den Bundesrat. Nach dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga im vergangenen Jahr hatte Daniel Jositsch bereits kandidiert, obwohl die SP ein reines Frauenticket beschlossen hatte.
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Bei der Wahl durch die Bundesversammlung erhielt er in den ersten Wahlgängen zahlreiche Stimmen. Schliesslich setzte sich jedoch Elisabeth Baume-Schneider durch. Für ihn als Bundesrat sprechen seine Erfahrung in Bundesbern und seine urbane Herkunft. Jositsch gilt als Vertreter des rechten Flügels der SP.
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Doch eine Zeitspanne während seiner Amtszeit sei besonders prägend gewesen: die Corona-Zeit. Dass er die Schweiz einmal durch eine derart «brutale Pandemie» führen müsse, habe er sich vor seiner Zeit als Bundesrat nicht vorstellen können. In diesem Zusammenhang sagte Berset auch, dass sich mit der dritten Abstimmung über das Covid-Gesetz ein Kreis geschlossen habe.
Spitze gegen Ueli Maurer
Klar ist auch: Zuletzt geriet Alain Berset immer mehr unter Druck. Eine GPK-Untersuchung wegen einer möglichen Amtsgeheimnisverletzung ist im Gange – Bersets ehemaliger Kommunikationschef Peter Lauener steht unter Verdacht, dem Ringier-Chef Marc Walder während der Pandemie Interna zugestellt zu haben. Berset wollte dies nicht gross kommentieren. Er sagte: «Ich bin gespannt auf die Resultate der Untersuchung.»
Ich bin gespannt auf die Resultate der Untersuchung.
Später führte er seine Gedanken zu den Medien aus. Journalistinnen und Journalisten hätten selbstverständlich das Recht, zu kritisieren. Die Medien seien wichtig für die Demokratie.
Und Medien schauen auch immer gerne voraus. Auf die Frage, wen er sich als Nachfolge für sein Amt vorstellen könnte, sagte Berset: «Hauptsache ein Mensch», und spielte dabei wohl auf den ehemaligen SVP-Bundesrat Ueli Maurer an. Dieser hatte in seiner Abschiedsmedienkonferenz gesagt, dass ihn einfach «kein Es» beerben solle. Damit hatte Maurer viele Menschen vor den Kopf gestossen.
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