Die Schweiz produziert nur einen Teil der benötigten Energie selber. Hätte sie seit Anfang Jahr nur von einheimischer Energie gelebt, dann wäre am 12. April Schluss. Ab morgen, dem 13. April, wäre sie auf Importe aus dem Ausland angewiesen. Diesen Energieunabhängigkeitstag hat die Schweizerische Energie-Stiftung SES berechnet.
Energieunabhängigkeitstag 2022
Diese Rechnung sei einfach, erklärt Léonore Hälg, Co-Leiterin des Fachbereichs Klima und erneuerbare Energien bei der atomkritischen Organisation. «Wir haben geschaut, wie viele Energieträger in die Schweiz importiert werden und wie viel Energie in der Schweiz selber produziert wird.»
Ungefähr ein Viertel werde in der Schweiz produziert und drei Viertel würden importiert. «Das haben wir dann auf das Jahr umgerechnet und sind so auf den 12. April gekommen.»
Schweiz nur im hinteren Mittelfeld
Vor 20 Jahren habe die Schweiz sogar nur bis am 11. März von der einheimischen Energie leben können. Dank des Ausbaus der erneuerbaren Energien sei die Energieunabhängigkeit der Schweiz gewachsen, so Hälg.
Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz trotzdem nur im hinteren Mittelfeld.
Energieunabhängigkeitstage anderer europäischer Länder (Stand 2020, Quelle Eurostat)
Estland | 22. November |
Island | 16. November |
Rumänien | 19. September |
Serbien | 13. September |
Schweden | 26. August |
Tschechien | 11. August |
Finnland | 30. Juli |
Polen | 27. Juli |
Frankreich | 21. Juli |
Dänemark | 20. Juli |
Slowenien | 16. Juli |
Slowakei | 8. Juni |
Österreich | 1. Juni |
Deutschland | 12. Mai |
Portugal | 6. Mai |
Spanien | 27. April |
Niederlande | 26. April |
Schweiz | 12. April |
Italien | 7. April |
Belgien | 21. März |
Griechenland | 8. März |
Luxemburg | 28. Januar |
Zypern | 26. Januar |
Malta | 9. Januar |
Allerdings hat die Unterscheidung zwischen einheimischer und importierter Energie eine politische Dimension. Strom aus Kernkraft, heute immerhin fast ein Drittel des Schweizer Stroms, zählt aus Sicht der Studienautorin als importierte Energie. Dies, weil die Uranstäbe aus dem Ausland kommen. Sonnenstrom aber gilt als einheimisch, obwohl viele Solarpanels in China produziert werden.
Neue Brennstäbe aus dem Ausland
Hälg erklärt das so: «Das Fotovoltaikmodul kommt einmal aus China, wird hier installiert und produziert dann über 30 Jahre einheimischen Strom. Bei den Atomkraftwerken muss man immer wieder Brennstäbe importieren, die dann den Strom produzieren.»
Eindeutig ist die Sache bei den fossilen Brennstoffen. Diese werden allesamt importiert. Durch einen Verzicht auf Öl und Gas fürs Heizen und das Autofahren könnte der Energieunabhängigkeitstag auf den 31. Juli verschoben werden – immer vorausgesetzt, der dafür nötige Strom würde im Inland durch Wind-, Sonnen- und Wasserkraftwerke produziert.
Man kann es rechnen wie man will: Die Schweiz ist abhängiger von ausländischer Energie, als allgemein angenommen wird.