Kaum beachtet von der Öffentlichkeit hat das Bundesamt für Energie letzte Woche in einem Bericht aufgezeigt: Das Ziel bei den erneuerbaren Energien für 2035 wird dramatisch verfehlt, wenn es im bisherigen Tempo weitergeht. Im letzten Jahr hat die Schweiz dreimal zu wenig erneuerbare Energie zugebaut.
Bei Bundesrat und Parlament wächst deshalb die Nervosität. Mit dem sogenannten «Beschleunigungserlass» möchte die Landesregierung die Verfahren zum Bau von Produktionsanlagen für erneuerbare Energie massiv verkürzen.
Der Ständerat will noch weiter gehen. Er zielt auf 16 Projekte zum Ausbau der Wasserkraft, die mit Naturschutzverbänden an einem runden Tisch vereinbart worden sind. Das Parlament hat sie in den sogenannten «Mantelerlass» aufgenommen, dem das Schweizer Volk am 9. Juni zugestimmt hat.
Damit wird dieser Kompromiss von einer Seite – Entschuldigung, wenn ich das sagen muss – eigentlich hintertrieben.
Doch nun würden die grössten dieser 16 Projekte schon wieder von Naturschutzverbänden mit Beschwerden bekämpft, ärgert sich der Aargauer FDP-Ständerat Thierry Burkart: «Damit wird dieser Kompromiss von einer Seite eigentlich hintertrieben.»
Die Umweltkommission des Ständerats hat deshalb beantragt, das Verbandsbeschwerderecht bei den 16 Wasserkraftprojekten im «Mantelerlass» gänzlich zu streichen. Für den St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth stellt sich die Frage: «Wollen Sie jetzt verlässlich sein gegenüber der Bevölkerung oder nochmals eine Runde mit den Verbänden machen?»
«Eine solche Beschneidung des Rechtsschutzes widerspricht den Prinzipien eines Rechtsstaats.»
Dieser Angriff aufs Verbandsbeschwerderecht hat bei den Linksparteien und einem Teil der Mitte zu heftigen Protesten geführt. Hier werde mit dem Vorschlaghammer operiert, kritisiert der Schaffhauser SP-Ständerat Simon Stocker: Eine solche Beschneidung des Rechtsschutzes widerspreche den rechtsstaatlichen Prinzipien.
Und auch die Verteidiger des Verbandsbeschwerderechts argumentierten mit dem Volkswillen: Im Abstimmungsbüchlein vom 9. Juni habe der Bundesrat nämlich wie folgt garantiert: «Die Beschwerdemöglichkeiten von (...) Verbänden bleiben bestehen.». Der Angriff sei sehr bedenklich, fand die Urner Mitte-Ständerätin Heidi Z'Graggen: «Hier gehen wir zu weit, insbesondere aus demokratiepolitischer Sicht.»
Es waren 32 Projekte auf der Liste, einige viel besser als diese 16. Die Umweltverbände haben mit dem Bundesrat diese 16 ausgelesen, nicht das Parlament, Frau Zgraggen.
Bei dieser Kritik von Zgraggen platzte ihrem Parteikollegen aus dem Wallis, Beat Rieder, der Kragen. «Es ist unsäglich, was wir hier machen», rief er in den Saal.
Das grösste demokratiepolitische Problem sei, dass der runde Tisch mit den Naturschutzverbänden aus einer Liste 16 Projekte ausgewählt habe, obschon er dazu demokratisch gar nicht legitimiert gewesen sei: «Es waren 32 Projekte auf der Liste, einige viel besser als diese 16. Die Umweltverbände haben mit dem Bundesrat diese 16 Projekte ausgelesen, nicht dieses Parlament, Frau Zgraggen.»
Beat Rieder und mit ihm die Mehrheit des Ständerats stimmten in der Folge für die Streichung des Verbandsbeschwerderechts bei diesen 16 Wasserkraftprojekten. Noch ist der Entscheid nicht definitiv. Nun wird sich der Nationalrat mit der Frage befassen.