Brunnen abschalten, keine Beleuchtung von historischen Gebäuden und tiefere Temperaturen in den Hallenbädern – vergangenes Jahr haben viele Städte und Gemeinden Massnahmen ergriffen, um Energie zu sparen. Dies in der Absicht, die Energieversorgung im Winter sicherzustellen.
Nun hat die Stadt Zürich als erste Stadt der Schweiz kommuniziert, wie im kommenden Winter vorgegangen werden soll: Der Stadtrat hat entschieden, dieses Jahr gar keine Massnahmen zu ergreifen. Der Zürcher Energievorsteher Michael Baumer (FDP) erklärt die Gründe.
SRF News: Warum treffen Sie dieses Jahr gar keine Massnahmen?
Michael Baumer: Wir haben die Lage beurteilt und festgestellt, dass wir eine viel komfortablere Situation haben als letztes Jahr, als es viel dramatischer war. Deswegen macht es keinen Sinn, jetzt Massnahmen anzuordnen.
Inwiefern ist die Situation besser? Der Krieg in der Ukraine ist immer noch aktuell, die Gasspeicher waren letztes Jahr auch voll – was hat sich denn geändert?
Es sind drei Faktoren: Erstens sind die Gasspeicher voll, zweitens ist auch unsere Wasserreserve gut – es hat etwa mehr Wasser in den Stauseen. Und drittens: Auch die Kernkraftwerke in Frankreich, die letztes Jahr in Revision waren, funktionieren jetzt wieder. Es sind also gute Voraussetzungen. Wenn es jetzt sehr kalt werden würde, besteht allerdings immer noch ein Restrisiko.
Gewisse Massnahmen werden beibehalten, beispielsweise wird in den Trams weniger geheizt.
Energiesparen ist ja grundsätzlich eine gute Idee. War das keine Überlegung?
Energie sparen ist immer sinnvoll. Deswegen haben wir bereits im Frühling beschlossen, gewisse Massnahmen weiter anzuwenden. Beispielsweise wird grundsätzlich weniger geheizt in den Trams, auch bei der Wasseraufbereitung wurden Optimierungen gemacht und die Dienstfahrzeuge werden weniger häufig gewaschen. Dies behalten wir bei.
Der vergangene Winter war relativ warm. Was passiert, wenn der nächste sehr kalt wird?
Dieses Risiko besteht natürlich. Dann kann es knapp werden, auch wenn gewisse Anlagen ausfallen. Dann werden wir Massnahmen ergreifen. Aber es braucht keinen unnötigen Alarmismus, denn im Moment sieht es gut aus.
Ein Risiko bleibt, aber im Moment braucht es keinen unnötigen Alarmismus.
Haben Sie einen Energiesparplan in der Hinterhand?
Falls diese Situation eintreffen würde, würden wir einige Massnahmen des letzten Jahres wieder einleiten, etwa die Wassertemperatur in den Schwimmbädern senken oder die Brunnen abschalten. Aber das sind unbeliebte Entscheide. Die wir allerdings in der Hinterhand hätten – denn es sind die Massnahmen, die sich lohnen.
Zürich ist jetzt die erste Stadt der Schweiz, die ihre Massnahmen kommuniziert. Gehen Sie davon aus, dass die anderen Schweizer Städte nachziehen werden?
Ich glaube, man wird beibehalten, was einen Effizienzgewinn bringt und immer Sinn ergibt. Was im Komfortbereich ist, wird man eher nicht machen. Es wird sicher Unterschiede geben zwischen den Städten. Das hängt auch damit zusammen, dass der Bund dieses Jahr keine Vorgaben gemacht hat, wie man damit umgehen soll.
Das Gespräch führte Pascal Kaiser.