Zu einem immer höheren Posten im Haushaltsbudget gehören die Krankenkassenprämien. Das spüren besonders Familien. Auch sie sollen entlastet werden – mit einer Initiative der SP, die der Nationalrat am Donnerstag weiterdiskutiert. Sie will die Prämien senken, sodass sie maximal zehn Prozent des Einkommens betragen. Damit sollen vor allem Haushalte mit tieferen oder mittleren Einkommen unterstützt werden.
Prämienbelastung ist nicht überall gleich hoch
Eine Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen von 70'000 Franken braucht schon heute in den allermeisten Kantonen mehr als zehn Prozent des verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien.
In St. Gallen sind es 15 Prozent, in Zürich 16, in Bern oder Baselland 18, im Kanton Neuenburg sogar 19 Prozent des Einkommens. Die Prämieninitiative der SP verlangt, dass niemand mehr als zehn Prozent des Einkommens für die Krankenkasse zahlen muss. Bund und Kantone würden die Prämien mit zusätzlichen Steuergeldern verbilligen.
«Mittlere und untere Haushalte können die Prämien nicht mehr bezahlen, sie gehen nicht mehr zum Arzt», warnt SP-Nationalrätin Barbara Gysi. «Es ist ganz wichtig, dass wir schauen, dass ihre Kosten begrenzt sind.»
Für SVP nur Symptombekämpfung
Diese SP-Therapie ist für die SVP jedoch nur Symptombekämpfung. Bei verbilligten Prämien fehle der Anreiz für die Einzelnen, bei den Gesundheitskosten zu sparen, glaubt SVP-Nationalrat Thomas de Courten: «Die SP-Initiative verspricht Linderung, kann dieses Versprechen aber nicht halten, weil die Kosten weiter steigen werden.»
Jemand müsse das bezahlen, so de Courten weiter. «Sind es nicht die Prämienzahler, so sind es einfach die Steuerzahler.» Die anderen bürgerlichen Parteien sind für einen Gegenvorschlag zur SP-Initiative.
Dieser würde die Prämien um rund zwei Milliarden billiger machen und ginge damit etwa halb so weit wie die Initiative. Dieser Kompromiss dürfte sich am Donnerstag in der grossen Kammer durchsetzen.
Mehr zu Entlastungs-Initiative und Gegenvorschlag
Darum geht es: Die sogenannte Prämien-Entlastungs-Initiative der SP will, dass keine versicherte Person mehr als zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien der Grundversicherung bezahlen muss. Dafür sollen Bund und Kantone mehr Prämienverbilligung bezahlen. Der Bund soll mindestens zwei Drittel der Kosten tragen, die Kantone den Rest.
Das ist umstritten: Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, da der Bund neu viel mehr für die Prämienverbilligung zahlen müsste als bisher. Das ist aus Sicht des Bundesrates falsch, weil die Kantone die Gesundheitskosten entscheidend beeinflussen, etwa bei der Spitalplanung. Zudem bekämpfe die Initiative nicht die Ursachen der Gesundheitskosten. Der Bundesrat legt deshalb einen Gegenvorschlag vor: Die Kantone sollen demnach mehr Mittel für die Prämienverbilligung zur Verfügung stellen.
Das ist der aktuelle Stand: Die Beratungen zur Initiative und zum Gegenvorschlag sollen in dieser Session abgeschlossen werden. Der Ständerat ist in einem zweiten Anlauf auf den indirekten Gegenvorschlag eingetreten, nachdem er ihn in der Wintersession noch abgelehnt hatte. Die kleine Kammer hat einen Kompromiss vorgeschlagen: Sie hält kantonale Mindestvorgaben für Prämienverbilligungen für gerechtfertigt, setzt diese aber tiefer an als Bundesrat und Nationalrat. Der Kompromiss kommt bei der zuständigen Kommission des Nationalrats grundsätzlich gut an, sie schliesst sich bei der wichtigsten Frage dem Ständerat an. (Stand: 12.9.2023 / Mirjam Spreiter)