- Die SBB muss sicherstellen, dass alle Rampen im Ein- und Aussteigsbereich eine maximale Neigung von 15 Prozent aufweisen. Dies geht aus dem veröffentlichten Bundesgerichtsurteil hervor.
- Damit gibt das Bundesgericht einer Beschwerde des Behindertendachverbands «Inclusion Handicap» teilweise recht.
- Eine Nachbesserung in den neuen Fernverkehr-Doppelstockzug (FV-Dosto) sei nötig, da Mängel für Menschen mit eingeschränkter Mobilität beanstandet wurden, argumentiert der Dachverband.
Der Dachverband «Inclusion Handicap» kritisierte, dass Reisende im Rollstuhl den neuen FV-Dosto nicht selbstständig verlassen können. Die Organisation hatte 2018 gegen die befristete und mehrfach verlängerte Betriebsbewilligung der neuen Doppelstock-Züge eine Beschwerde eingereicht.
Der Bund muss nach den Abklärungen entscheiden, ob die Steigung der Rampen die Vorgaben des Behindertengleichstellungsrechts tatsächlich erfüllt - dieses sieht vor, dass Reisende an Bahnhöfen barrierefreie Zugänge zu den Perrons haben und autonom in die Züge ein- und aussteigen können.
Ob dies gewährleistet wird, muss das Bundesamt für Verkehr (BAV) nun von externen Fachleuten prüfen lassen. Dies geht aus dem veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor.
Der Dachverband «Inclusion Handicap» bezeichnete in einer Reaktion das Urteil als «Meilenstein». «Das Bundesgericht hält ausdrücklich fest, dass wir, Menschen mit Behinderungen, ein Recht auf selbstbestimmte Benutzung des ÖV haben», wird Verbands-Co-Präsidentin Verena Kuonen in einer Mitteilung zitiert.
Laut Gericht zählt die Gesamtsituation
Die Behindertengerechtigkeit des Ein- und Ausstiegsbereichs bemisst sich laut dem Bundesgericht nicht bloss an der isolierten Beurteilung eines einzelnen Gestaltungselements wie etwa einer Rampenneigung. Entscheidend sei vielmehr, dass mobilitätsbehinderte Menschen, die sich sonst im öffentlichen Raum autonom fortbewegen, den Ein- und Ausstiegsbereich insgesamt eigenständig und sicher benutzen könnten.
In einem weiteren Beschwerdepunkt hielt das Bundesgericht aber klar fest, dass alle Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich der Dosto-Züge maximal eine Neigung von 15 Prozent aufweisen dürfen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte als Vorinstanz 2018 entschieden, dass dies nur bei einem Einstieg pro Zug sein muss.
Die SBB reagiert
Am Freitag nach der Veröffentlichung des Urteils teilten die SBB mit, dass alle Rampen im Ein- und Ausstiegsbereich des FV-Dostos bereits heute eine maximale Neigung von 15 Prozent aufweisen. Damit erfülle die SBB die Auflage des Bundesgerichturteils.
Die SBB begrüssten, dass das Bundesgericht mehrere von insgesamt neun Beschwerdepunkten abgelehnt haben. Das BAV werde vollumfänglich bei der Klärung der offenen Punkte, die im Urteil formuliert wurde, unterstützt. «Die enge Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden ist mir ein wichtiges Anliegen», wird SBB-CEO Vincent Ducrot in der Mitteilung zitiert.
Die enge Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden ist mir ein wichtiges Anliegen.
Die FV-Dosto verkehren laut SBB weiterhin wie bisher. Der Zug ist seit rund vier Jahren auf dem Schweizer Schienennetz im Einsatz. Die Einführung des neu entwickelten Zuges war von massiven technischen Pannen und Verzögerungen begleitet. Die SBB sprachen von einer «Zangengeburt» und kritisierten teils auch den Hersteller. Die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge habe sich in den vergangenen Monaten stark verbessert, teilten die SBB nun mit.