Das Stadtbild von Zürich könnte sich schon bald stark verändern. Grund: Das Stadtparlament hat am Mittwochabend einen Vorstoss der AL angenommen und dieser fordert nicht weniger als ein weitgehendes Verbot von Werbung auf öffentlichem Grund. Demnach darf in Zürich künftig nur noch das lokale Gewerbe oder die öffentliche Hand Werbung machen. Auch wäre politische und nicht kommerzielle Werbung weiterhin erlaubt.
«Das Ziel von Werbung ist, uns zu manipulieren», sagte AL-Parlamentarier Michael Schmid. Werbung mache unzufrieden und fördere den Konsum, fanden auch SP und Grüne im Rat. «Dieser Vorstoss ist ein Schritt in Richtung einer nachhaltigeren, lebenswerteren und gerechteren Stadt Zürich», sagte Anjushka Früh von der SP.
Das Ziel von Werbung ist, uns zu manipulieren
Dass der Stadtrat von sich aus bereits ein Moratorium für weitere digitale Werbeflächen bis 2030 beschloss, genügte der linken Ratsseite nicht. Sie wollen gar keine Werbung mehr sehen. Für die Bürgerlichen dagegen ist ein Werbeverbot ein Angriff auf die freie Gesellschaft.
Bürgerliche sehen Arbeitsplätze in Gefahr
Werbung sei informativ und nicht manipulativ. «Sie halten sich in einer Blase auf, die mit der Welt ausserhalb dieses Rates nichts zu tun hat», sagte SVP-Fraktionschef Samuel Balsiger an die Adresse der linken Ratsseite. Patrik Brunner, FDP-Parlamentarier, sah im Vorstoss einen Angriff auf die Freiheit und die Demokratie.
Retten Sie Zürich vor einer weiteren Schaufel Dreck auf unser Grab
In der Schweiz seien mit diesem Vorstoss rund 7'000 Arbeitsplätze in Gefahr. «Retten Sie Zürich vor einer weiteren Schaufel Dreck auf unser Grab», sagte Brunner. Auch die Zürcher Stadtregierung wollte nichts von einem Werbeverbot wissen – nur schon wegen der 28 Millionen Franken, welche die Stadt mit den Flächen jährlich einnimmt.
Was ist noch erlaubt und was nicht?
KS/CS, der Dachverband der kommerziellen Kommunikation, kritisiert den Entscheid scharf. Aussenwerbung sei ein wertvoller Kommunikationskanal für die lokale Wirtschaft, für Institutionen, die Bevölkerung, die Politik und den öffentlichen Verkehr.
«Ein Aussenwerbeverbot würde die bereits starke Abwanderung von Zürcher und Schweizer Werbegeldern in internationale Techplattformen nur noch mehr fördern», schreibt der Verband in einer Mitteilung. Man wolle die Umsetzung nun eng begleiten.
Ist der von Air Canada gesponsorte Event des Cirque du Soleil im Hallenstadion noch Kultur?
In der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes sind nämlich noch viele Fragen offen. Insbesondere: Was ist Kultur und was Kommerz?
«Ist der von Air Canada gesponsorte Event des Cirque du Soleil im Hallenstadion noch Kultur?», fragt sich der Verein der Schweizer Aussenwerbungen auf seiner Webseite. Oder: «Wie beurteilen wir das Plakat für den Spendenaufruf des WWF oder die Werbung für den Freizeitspass der Jungwacht?»
Solche Fragen muss nun der Zürcher Stadtrat klären. Für das hat er zwei Jahre Zeit.