Obwohl die aktuelle Suche nach Lagerstandorten für radioaktive Abfälle seit 2008 läuft, ist der nun erfolgte Entscheid immer noch ein früher Schritt auf dem Weg zu einem Tiefenlager. Die Nagra hat damit klargemacht, welchen Standort sie als den geeignetsten hält: Nördlich Lägern. Vor den Medien wurde der Standortentscheid als «Schritt der Transparenz» bezeichnet.
Die betroffenen Gemeinden und Kantone wissen somit Bescheid und können in den kommenden Monaten und Jahren beim Projekt mitreden. Zeitgleich arbeitet die Nagra ein Gesuch für eine Rahmenbewilligung aus und zeichnet die Grundzüge des Projekts. 2024 soll das Gesuch beim Bund vorliegen, der dann das entsprechende Verfahren starten kann.
«Das Rahmenbewilligungsverfahren wird seine Zeit benötigen», sagte Roman Mayer, Vizedirektor des Bundesamts für Energie (BFE), vor den Medien. Während rund fünf Jahren setzen sich dann Atom- und Umweltbehörden sowie die betroffenen Standortregionen mit dem Projekt auseinander und nehmen dazu Stellung. 2029 befindet dann der Bundesrat darüber, wie die Nagra schätzt.
Volksentscheid möglich
Im Anschluss muss auch das Parlament die Rahmenbewilligung genehmigen. Je nachdem, ob das fakultative Referendum gegen den Parlamentsbeschluss ergriffen wird, hat das Stimmvolk das letzte Wort. Wenn es so weit kommt, wäre die Abstimmung über das Tiefenlager 2031.
Die ersten Schächte werden voraussichtlich erst in zwölf Jahren gebohrt, wenn ab 2034 das Felslabor gebaut wird. Damit will die Nagra unterirdisch sogenannte erdwissenschaftliche Untersuchungen durchführen. Erst wenn diese abgeschlossen sind, gibt es eine Baubewilligung für das eigentliche Tiefenlager.
Ausbau in Etappen
Die unterirdischen Lagerstätten für den Atommüll entstehen in Etappen. 2045 soll der Bau des Lagers für «schwach- und mittelaktive Abfälle» (SMA) starten, wie ein Zeitplan der Nagra zeigt. Zehn Jahre später werden die Anlagen dann für «hochaktive Abfälle» (HAA) erweitert. Deshalb beginnt der Betrieb des Tiefenlagers entsprechend gestaffelt: 2050 für SMA und 2060 für HAA.
Sobald alle radioaktiven Abfälle eingelagert sind, beginnt ab 2065 die Beobachtungsphase für mehrere Jahrzehnte. Nach Ablauf dieser Phase ordnet der Bundesrat die Verschlussarbeiten an, wenn der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist, wie das BFE auf Anfrage schreibt.
Der Verschluss des Tiefenlagers Nördlich Lägern ist 2125 vorgesehen. Der unterirdische Bau wird so befüllt, dass der eingelagerte Atommüll nicht mehr weggeschafft werden kann.
Bis von dem radioaktiven Abfall kein Risiko mehr ausgeht, vergehen Jahrtausende: Gemäss Nagra geht von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen nach rund 30'000 Jahren eine strahlungsbedingte «Giftigkeit» wie von natürlichem Granitgestein aus. Hochradioaktive Abfälle wie verbrauchte Brennstäbe aus Atomkraftwerken strahlen nach 200'000 Jahren ähnlich wie Natururan.