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Entwicklung des Arbeitsmarkts Der Schweiz gehen die Handwerker aus

Immer weniger Menschen wollen in handwerklichen Berufen arbeiten. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik.

Der klassische Arbeitnehmer in der Schweiz sieht 2023 in etwa so aus: Er ist um die 42, männlich und Schweizer. Er arbeitet Vollzeit in seinem Beruf, der höchst wahrscheinlich in einem intellektuellen und wissenschaftlichen Umfeld ist.

Handwerker installiert Solarpanel auf einem Dach.
Legende: Dem Handwerk gehen immer weniger Erwerbstätige nach. KEYSTONE/Urs Flueeler

Vor 50 Jahren hätte das noch anders ausgesehen. Auch zu jener Zeit wäre der durchschnittliche Arbeitnehmer ein Mann. Er wäre allerdings etwas jünger, um 38 Jahre. Und natürlich arbeitet auch er Vollzeit, aber er hat einen handwerklichen oder verwandten Beruf. Das alles zeigen neuste Zahlen des Bundesamtes für Statistik. Es hat die Entwicklung der erwerbstätigen Bevölkerung in den letzten 50 Jahren untersucht.

Intellektuelle lösen Handwerker ab

Und auch wenn die beiden Herren im Beispiel sich vielleicht auf den ersten Blick ähneln, so hat sich in den letzten 50 Jahren einiges getan. Zum Beispiel hat sich das Gebiet der Arbeitnehmenden verändert. Bildeten die Handwerker 1970 mit 25 Prozent noch die grösste Berufsgruppe, schrumpfte diese über die Jahre auf rund 10 Prozent zusammen. Auf der anderen Seite ist jene der intellektuellen und wissenschaftliche Berufe stark angewachsen und bildet heute mit gut 28 Prozent mit Abstand die grösste Kraft.

Mehr Power auf dem Arbeitsmarkt dank Frauen

Allgemein arbeiten in der Schweiz heute viel mehr Leute als noch 1970: Die Zahl stieg von 2.8 Millionen Arbeitnehmenden 1970 auf aktuell 4.8 Millionen Arbeitnehmende. Verantwortlich dafür sind vor allem die Frauen. In den letzten 50 Jahren haben immer mehr von ihnen eine bezahlte Arbeit aufgenommen. Mit 28 Prozent arbeitet gut ein Drittel der berufstätigen Frauen im intellektuellen und wissenschaftlichen Umfeld. Es zeige sich, dass das Bildungsniveau vor allem bei jungen Frauen stark gestiegen sei, heisst es in der Studie. An zweiter Stelle kommen mit gut 19 Prozent Dienstleistungsberufe und Verkäuferinnen.

Auch aufgrund der berufstätigen Frauen ist die Anzahl der Teilzeiterwerbenden gestiegen. 2023 hat mehr als die Hälfe – 58 Prozent – der berufstätigen Frauen in einem Teilzeitpensum gearbeitet. 1970 waren das noch 29 Prozent. Aber auch bei den Männern hat ein Umdenken stattgefunden. War ein Teilzeitpensum 1970 mit vier Prozent noch die absolute Ausnahme, sind es heute mit gut 20 Prozent fast fünf Mal mehr.

Vier Fragen an den Konjunkturforscher

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Michael Siegenthaler hat für die Konjunkturforschungsstelle der ETH den Schweizer Arbeitsmarkt im Blick. Er erklärt, warum der Schweiz die Handwerker ausgehen.

SRF NEWS: Warum wollen immer weniger Menschen handwerkliche Berufe ausüben?

Michael Siegenthaler: Das hat viele Gründe. Die Bedeutung von Industrie und Bau hat abgenommen, wir haben uns hin zu einer Wissens- und Dienstleistungsökonomie entwickelt. In dieser sind handwerkliche Berufe relativ gesehen nicht mehr so wichtig.

Will man sich die Hände nicht mehr schmutzig machen?

Es ist sicher so, dass viele Leute eher eine akademische Karriere anstreben. Es ist nicht mehr so attraktiv, als Handwerker zu arbeiten. Allerdings muss man sagen, dass nicht alle Berufe gleichermassen um Nachwuchs und Arbeiter kämpfen. Die Maler haben die Wende zum Beispiel geschafft.

Wie kommt das?

Sie haben es geschafft, eine wachsende Gruppe – nämlich die Frauen – zu integrieren und attraktiv für sie zu sein.

Was bedeutet das für das duale Bildungssystem?

Der Wunsch nach akademischer Ausbildung wird immer grösser, auch von Eltern. Das bringt gewisse Bereiche unter Druck.

Tagesschau, 17.10.2024, 19:30 Uhr

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