2010 hatte Karin Keller-Sutter mit dem Kapitel Bundesrat abgeschlossen. Als Favoritin ins Rennen gegangen, unterlag sie Johann Schneider-Ammann. Die St. Gallerin begrub damals ihre Bundesratsambitionen. Jetzt will sie dazu beitragen, eine neue Debattenkultur in den Bundesrat zu tragen. Denn ohne gemeinsame Linie in den wichtigen Dossiers gehe nichts.
SRF News: Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das Glanzresultat gehört haben?
Karin Keller-Sutter: Über Wochen war ich mit meiner Kampagne beschäftigt, dann standen die Hearings bei den Parteien an. Ich war exponiert. Plötzlich kam der 5. Dezember, der Tag der Wahl. Ich war eigentlich sehr ruhig. Aber als ich meinen Namen gehört habe, konnte ich es doch nicht richtig fassen. Es war unwirklich, nachdem ich über Wochen hinweg in einer solchen Anspannung gelebt habe.
2010 empfanden Sie die Niederlage gegen Schneider-Ammann als Tiefpunkt Ihrer politischen Karriere. Jetzt stehen Sie hier als Bundesrätin.
Das ging mir heute auch durch den Kopf. Allerdings tauchten die Gedanken an damals erst wegen der Journalistenfragen wieder auf. Grundsätzlich war diese Kandidatur ein kompletter Neuanfang für mich. Es war eine andere Ausgangslage, alles wurde neu aufgerollt.
2010 hätte mich keine Kraft der Welt zu einer erneuten Kandidatur bewogen.
Aber tatsächlich hätte ich vor acht Jahren nie gedacht, dass ich heute hier stehen würde. Damals hätte mich keine Kraft der Welt zu einer erneuten Kandidatur bewogen.
Sie haben auch schon Kritik am Bundesrat geübt: Er müsse besser kommunizieren und sich auf eine gemeinsame Linie einigen. Warum sollte das mit Ihnen als Bundesrätin gelingen?
Das hängt nicht von einer einzelnen Person ab. Es ist eine Frage der Debattenkultur. Im Bundesrat gibt es jetzt zwei neue Mitglieder. Das ist immer auch eine Chance. Ich habe das bereits als Regierungsrätin erlebt, als ich in drei unterschiedlichen Zusammensetzungen gearbeitet habe. Jede Regierung hat unterschiedlich gut funktioniert.
Einen wirklichen Vorsatz für meine erste Bundesratssitzung habe ich noch nicht.
Ich gehe davon aus, dass auch meine künftige Kollegin Viola Amherd die Dinge ausdiskutieren will und diesbezüglich auf meiner Linie ist. Wir müssen gemeinsam hinstehen und in den wichtigen Dossiers glaubwürdig sein, wenn wir das Land weiterbringen wollen und im Parlament gewinnen wollen.
Mit welchem Vorsatz gehen Sie an die erste Bundesratssitzung?
Einen wirklichen Vorsatz habe ich noch nicht. Ich bin jetzt erstmal erschlagen, freue mich aber sehr über das Vertrauen der Bundesversammlung. Alles andere kommt mit der Zeit, wenn ich wirklich realisiere, was heute passiert ist.
Das Gespräch führte Susanne Wille.
Karin Keller-Sutter
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Bild 1 von 9. 1992 wird Karin Keller-Sutter (zweite von rechts) in den Wiler Gemeinderat gewählt. Die Wahl ins Stadtparlament gelang ihr im zweiten Anlauf. 1988 hatte sie die Wahl verpasst. Bildquelle: Hallowil.ch.
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Bild 2 von 9. Das Wahlkampfplakat von Karin Keller-Suter (1991) für den Gemeinderat von Wil. Bis 2000 war Sutter Mitglied des Stadtparlaments. 1997 war sie die Präsidentin. Bildquelle: Hallowil.ch.
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Bild 3 von 9. Regierungsratswahl St. Gallen (2000): Mit 36 Jahren wird Karin Keller-Sutter als St .Galler Regierungsrätin gewählt. Als Justiz- und Polizeidirektorin mit harter Linie wird sie landesweit bekannt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Regierungsrätin mit harter Hand: Karin Keller-Sutter setzte sich als Präsidentin der Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD) für ein härteres Durchgreifen gegen Hooligans ein. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 9. Erste Bundesratskandidatur: 2010 verliert Keller-Sutter knapp gegen Johann Schneider-Ammann. Nach der Niederlage sagt sie, sie werde nie mehr kandidieren. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 9. Wahl nach Bundesbern: 2011 wird Karin Keller-Sutter in den Ständerat gewählt. Sie tritt als St. Galler Regierungsrätin zurück. Da sie sich seither nicht mehr zu Asylfragen und Hooligans äussert, beginnt sich ihr Image zu ändern. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 9. Wahl in den Bundesrat: Mit 154 Stimmen wird Karin Keller-Sutter bereits im ersten Wahlgang in den Bundesrat gewählt. Zusammen mit Viola Amherd (CVP) legt sie den Eid ab. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 9. Seit 30 Jahren ein Team: Karin Keller-Sutter und der Gerichtsmediziner Morten Sutter kennen sich seit 1988. Bildquelle: RDB by Dukas.
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Bild 9 von 9. Tierisches Familienmitglied: Hund Picasso gehört seit 16 Jahren zum Haushalt Keller-Sutter. «Picceli», wie Keller-Sutter ihren Jack-Russell-Terrier nennt, ist allerdings bereits etwas altersschwach. Bildquelle: Keystone.