Die neugewählte SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider spricht im Interview über die Wahl, die Beziehungen zur Landwirtschaft und harte Entscheide.
SRF News: Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, aus dem Traum Bundesrat könnte wirklich Realität werden?
Elisabeth Baume-Schneider: Erst als der Nationalratspräsident das Resultat bekannt gegeben hat. Zuvor habe ich wirklich nicht gedacht, dass es möglich wäre. Ich hatte nicht einmal die ganze Rede bereit. Aber ich war auch sehr stolz und dankbar.
Ihre Erfolgswelle begann mit dem Hearing bei den Bäuerinnen und Bauern des Parlaments. Was schulden Sie jetzt der Landwirtschaftsbranche?
Es ist nicht die Frage einer Schuld, es ist etwas Respektvolles. Ich möchte mit allen arbeiten, und ich kenne die Realität der Bauernhöfe. Als Bundesrätin kann ich nichts versprechen, wir sind ein Kollegium. Aber ich kann einbringen, was ich besser verstehe von der Landwirtschaft.
Könnte das zum Beispiel heissen, sich einzusetzen, dass zusätzliche ökologische Auflagen nicht zu hart sind?
Nein, das werde ich nicht machen. Aber es könnte heissen, zu zeigen, wie eine nachhaltige Landwirtschaft aussieht.
Die Bäuerinnen sind offen, nachhaltiger zu werden.
Ich glaube, man muss immer genau wissen, wovon man spricht. Aber ich glaube auch, es ist wichtig, eine integrative Landwirtschaftspolitik zu haben und nicht nur eine Massnahme, dann eine andere und nochmals eine andere. Ich denke, die Bäuerinnen sind zufrieden, wenn man sie bezahlt für das, was sie machen, und sie sind auch offen, nachhaltiger zu werden.
Als Bundesrätin müssen Sie zwischen Interessen abwägen. Was wäre Ihnen in folgenden drei Beispielen wichtiger:
Zusätzlicher Strom oder Landschaftsschutz?
Es ist ein Gleichgewicht. Das ist in der Bundesverfassung so geschrieben. Man muss also besseren und mehr Strom produzieren. Aber es gilt auch, den Landschaftsschutz in bestimmten Regionen zu berücksichtigen.
Aber manchmal kann man nicht beides haben. Was ist dann wichtiger?
Doch, man kann beides haben, denn nur in zwei Prozent in den Alpen darf man beispielsweise keine Solaranlagen installieren.
Was ist wichtiger: Anreiz oder Vorschrift?
Man muss es immer attraktiv machen, sodass es sinnvoll wird für die Leute.
Statt zu verbieten, was man nicht will?
Ja, und man muss es auch nicht moralisch machen. Beim CO₂-Gesetz war es zum Beispiel eine schwierige Vorstellung für die Landregionen, man könne das Auto nicht mehr so brauchen. Aber man muss doch eine Alternative haben, etwa mit dem öffentlichen Verkehr.
Schulden begrenzen oder private Haushalte wegen der Teuerung unterstützen?
Ich bin sicher, man kann beides machen. Die Schuldenbremse muss man respektieren, das war eine politische Entscheidung der Stimmbevölkerung. Aber man kann auch die Kaufkraft verbessern.
Die Schuldenbremse muss man respektieren – aber man kann auch die Kaufkraft verbessern.
Der heutige Finanzminister sähe das anders. Er sagt nämlich: Schon in zwei Jahren werden wir ein Defizit von zwei bis vier Milliarden Franken haben, sofern die Nationalbank nichts auszahlt. Sie sagen aber, das geht beides?
Ich sage nicht, dass wir kein Defizit haben werden. Wir können schauen, dass wir das Geld weniger schnell ausgeben. Aber ich bin auch überzeugt, dass wir mit der Kaufkraft etwas machen können und müssen.
Sie haben eine sehr sonnige Ausstrahlung. Was ist Ihre wichtigste Freudenquelle?
Der Respekt zwischen den Menschen. Und ich bin überzeugt, dass man in der Schweiz ein so gutes, bequemes Leben hat, dass man die Verantwortung hat, zu teilen.
Das Gespräch führte Nathalie Christen.