Das Wichtigste in Kürze
- Die erste SRG-Trendumfrage zeigt: Es wird knapp, aber sowohl die Rentenreform 2020 als auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV könnten beim Schweizer Stimmvolk eine Zustimmung finden.
- Bei der Befragung von Anfang August waren 21 Prozent der Befragten bestimmt für die Rentenreform. 32 Prozent sprachen sich eher dafür aus.
- 22 Prozent der Befragten waren bestimmt für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, 31 Prozent eher dafür.
- Über die beiden Vorlagen wird am 24. September zwar einzeln abgestimmt – sie sind jedoch aneinander gekoppelt.
Am 24. September stimmen die Schweizer Stimmbürger über zwei Vorlagen ab, die miteinander verknüpft sind: über die Reform der Altersvorsorge 2020, zu der das fakultative Referendum ergriffen wurde und über die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV, die dem obligatorischen Referendum unterstellt ist. Die Reform tritt nur in Kraft, wenn beide Vorlagen angenommen werden.
Konkret schlägt die Altersreform 2020 diverse Neuerungen vor:
- Senkung des Umwandlungssatzes der Pensionskassen von 6,8 auf 6,0 Prozent
- Erhöhung der AHV-Rente um 70 Franken
- 0,3 Prozentpunkte mehr Lohnabzüge
- 0,6 Prozentpunkte mehr Mehrwertsteuer zugunsten der AHV
- Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre
Eins zeigt die erste SRG-Trendumfrage zur Reform der Altersvorsorge 2020 sowie zur Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV klar: Jeder ist betroffen. Die älteren Menschen wünschen sich mehr Geld zum Leben. Die jüngeren befürchten, dies geht auf ihre Kosten, während sie selbst nicht profitieren können. Deshalb erwartet das Forschungsinstitut gfs.bern, welches im Auftrag der SRG diese erste Trendumfrage durchgeführt hat, eine sehr hohe Stimmbeteiligung. Bereits Anfang August gaben 55 Prozent der befragten Personen an, ganz sicher abstimmen zu wollen. Eine aussergewöhnlich hohe Quote, wie es beim gfs.bern heisst.
Gutschweizerischer Kompromiss
Und die Umfrage zeigt: Die beiden Vorlagen könnten eine Mehrheit finden. Wäre Anfang August abgestimmt worden, hätten 21 Prozent der Befragten sicher und 32 Prozent eher Ja gesagt zur Reform der Altersvorsorge 2020. Ähnliche Zahlen zeigte die Erhöhung der Mehrwertsteuer: Dort hätten 22 Prozent sicher und 31 Prozent eher Ja gesagt. Ganz sicher dagegen waren bei der Altersreform 19 Prozent und eher dagegen 23 Prozent. 22 Prozent waren ganz sicher gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer und 19 Prozent eher dagegen.
Eine überzeugende Zustimmung also in der ersten Trendumfrage. Das muss nicht so bleiben – klar. Dennoch gibt es laut gfs.bern ein paar Gründe. 71 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es Zeit ist für einen Kompromiss. Und die Vorlage zur Altersreform 2020 könnte ein solcher Kompromiss sein. Auch das Argument der Befürworter, tiefe und mittlere Einkommen könnten von der Reform sowie der Erhöhung der Mehrwertsteuer profitieren, zieht laut gfs.bern.
Die Gegner punkten mit ihrem Argument, dass die AHV-Rente nicht nach dem Giesskannenprinzip erhöht werden dürfe. So würden auch jene Rentner profitieren, die eine höhere Rente gar nicht brauchen.
Frauen wollen länger arbeiten
Die Reform betrifft natürlich in erster Linie die Rentner. Jedoch sind auch die Jungen involviert – sie bezahlen die Renten aus ihrem Lohn. Befürworter und Gegner der Vorlagen nutzen die jungen Menschen für ihre Kampagnen. Die Umverteilung von Altersvermögen von Jung zu Alt würde durch die Reform gestoppt, argumentieren die Befürworter. Die Reform belaste die Jungen zu stark, monieren die Gegner.
Wer auch immer recht hat – die Argumente ziehen nicht. Denn sie beeinflussen die Befragten der ersten Trendumfrage nicht. Zudem spricht sich auch ein Grossteil – wenn auch keine Mehrheit – der 18- bis 39-Jährigen für die Reform aus. 10 Prozent hätten Anfang August bestimmt und 39 Prozent eher Ja gesagt. Ein sicheres Nein gab es bei 16 Prozent, ein eher Nein bei 23 Prozent.
Überraschend – und interessant – ist auch die Meinung der Frauen. Die Reform sieht vor, das Frauenrentenalter auf 65 Jahre zu erhöhen. Trotzdem ist eine Mehrheit der in der ersten SRG-Trendumfrage befragten Frauen für die Reform. 16 Prozent hätten Anfang August ein bestimmtes Ja in die Urne gelegt, 35 Prozent ein eher Ja. Das könnte aber noch kippen, sagt Lukas Golder, Politologe beim gfs.bern. Denn das Argument, dass die Frauen das Rentenalter nicht erhöhen wollen, solange sie bei den Löhnen noch benachteiligt seien, ziehe, so Golder. Bei den Männern ist die Zustimmung mit 26 Prozent sicher und 29 Prozent eher Ja deshalb deutlicher.
Welchen Einfluss hat Alain Berset?
Obwohl offiziell nur FDP und SVP die Vorlagen ablehnen, kommen Gegner auch aus dem linken Lager. So hat ein Westschweizer Komitee das Referendum ergriffen. Den linken Gegnern ist das höhere Frauenrentenalter und die Senkung des Mindestumwandlungssatzes ein Dorn im Auge.
Ein Ass haben die Linken aber noch im Ärmel: nämlich ihren Bundesrat Alain Berset. Die Umfrage zeigt: Je mehr die Befragten dem Innenminister vertrauen, desto eher stimmten sie der Reform zu. So sagten 26 Prozent der Befragten, die Vertrauen in Berset haben, bestimmt Ja zur Vorlage und 39 eher Ja. Bei jenen, welche dem Bundesrat misstrauen, sagten nur 5 Prozent bestimmt und 12 Prozent eher Ja. Die Sympathien oder Antipathien für Alain Berset könnten also zum Zünglein an der Waage werden.
Sendebezug: SRF 4 News, 06:00 Uhr