Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und Pascal Gemperli, Mediensprecher der Föderation islamischer Dachorganisationen (FIDS) kennen und schätzen sich. Und sind seit Jahren im Austausch.
Doch die Gemütslage in ihren Glaubensgemeinschaften ist sorgenvoll und angespannt. Kreutner erzählt von den Jüdinnen und Juden: «Die fühlen sich natürlich durch die Ereignisse sehr betroffen, auch wenn sie mit der Familie sprechen. Es ist bedauerlich, dass es zivile Opfer gibt.»
Es gibt Leute, die emotional sehr betroffen sind, teilweise auch persönlich über familiäre Bindungen.
Und auf muslimischer Seite? «Ziemlich ähnlich», sagt Gemperli. «Es gibt Leute, die emotional sehr betroffen sind, teilweise auch persönlich über familiäre Bindungen.»
Aus gemeinsamen Erfahrungen gelernt
Die beiden erinnern sich zurück. Wie schnell die Beziehung auch in der Schweiz Risse bekommen kann, haben sie 2014 während des letzten Gazakriegs gesehen. In vielen Städten weltweit gab es Proteste, teilweise auch gewaltsame. In der Schweiz wurde offen zu Gewalt gegen Jüdinnen und Juden aufgerufen – so wie es auch in den vergangenen Tagen geschehen ist.
Gemperli erinnert sich: «2014 ist ein gutes Beispiel. Da haben wir im Nachhinein ein gemeinsames Statement ausgearbeitet und publiziert, das viel Beachtung fand. Das zeigt, dass wenn es sogar noch mehr eskaliert als heute – und zwar nicht nur vor Ort, sondern auch in der Schweiz – sogar dann ist der Dialog nicht abgebrochen.»
Wir haben mehr Vertrauen zueinander. Und ich denke, es kann nichts passieren, was diesen Dialog auf unserer Ebene erschüttert.
Und Kreutner fügt an: «Wenn das damals möglich war, ist das heute umso mehr möglich, weil wir uns besser kennen. Wir haben mehr Vertrauen zueinander. Und ich denke, es kann nichts passieren, was diesen Dialog auf unserer Ebene erschüttert.»
Gemperli ist überzeugt, dass man diesen Dialog an anderen Orten suchen müsse: «Von dem her dürfen wir glaub ich schon ein bisschen stolz sein auf das, was wir bisher erreicht haben.»
Dem permanenten Ausnahmezustand in Nahost begegnen Schweizer Religionsvertreter also mit demonstrativer Einigkeit. Schliesslich haben sie ähnliche Interessen – denn beide, Juden und Muslime, sind Minderheiten in der Schweiz.