Maria Roth steht im Garten ihres Hauses in Brienz und blickt hoch. Hoch zum Berg, hoch zu jenem Berg, der das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner mitbestimmt. Vor über sieben Wochen musste Maria Roth mit ihrer Familie das Dorf verlassen. Seit Montag ist sie zurück. «Mit gemischten Gefühlen», wie sie sagt.
Jetzt stehe ihr viel Arbeit bevor. «Der ganze Garten ist überwachsen. Aber sonst freue ich mich, wieder hier zu sein. Vor allem meine Blumen habe ich vermisst», sagt Roth weiter. Die Zeit während der Evakuierung verbrachte Maria Roth und ihre Familie in Churwalden, 20 Autominuten vom bedrohten Bündner Bergdorf entfernt.
Für mich wäre es viel schlimmer, jetzt wieder gehen zu müssen.
Während der Zeit im «Exil» wartete Roth nicht sehnsüchtig auf eine schnelle Rückkehr in ihr Haus. Sie habe es eher gelassen hingenommen. «Ich hab es lieber so: Wenn wir zurückkommen, dass wir dann auch bleiben können», sagt sie. «Für mich wäre es viel schlimmer, jetzt wieder gehen zu müssen.»
Der Berg sei schon «sehr beeindruckend». «Die Felsen, die Steine, das ganze Zeug – das ist schon gewaltig», sagt Roth. «Gott sei Dank ist uns nicht mehr passiert. Unser Haus steht noch, unser Stall auch, die Umgebung, das Dorf. Das ist das Allerwichtigste.»
Im Dorf ist das Leben zurück. Es sind Rasenmäher zu hören, die Bevölkerung ist wieder auf den Beinen – und das in ihrem Brienz. «Ich habe diese Nacht schon wieder hier geschlafen», erzählt ein älterer Bewohner. Es sei schön, wieder hier zu sein. Und: «Ich hoffe, wir können noch eine Weile bleiben.»
Genau das ist der Plan der Behörden. Am Montag stufte der Gemeindeführungsstab die Gefahr von Phase Orange auf Phase Gelb. Die Evakuierung und Sperrung des Dorfes wurde damit aufgehoben, das Betretungsverbot auf ein kleines Gebiet am nördlichen Dorfrand reduziert.
Zufahrt von beiden Seiten möglich
Die 84 Einwohnerinnen und Einwohner von Brienz haben ihre erste Nacht wieder in ihren eigenen Betten verbracht. Seit Dienstag ist die Zufahrt von Osten her frei, von Westen her steht sie nur Bewohnenden oder Lieferfahrten offen. Bestimmte Wanderwege bleiben wegen der Gefahr von Steinschlag gesperrt.
Eine künftige Gefährdung könnte noch vom Bereich «Plateau» – oberhalb der bereits abgerutschten «Insel» – ausgehen. Vorläufig sei der Hang aber sicher, sagen die Geologen und Behörden. Somit kann nun Tag für Tag wieder etwas mehr Ruhe und Alltag ins beschauliche Bündner Bergdorf einkehren. Und Maria Roth sich um ihren Garten kümmern.