Der Bundesrat befasst sich an seiner ersten Sitzung mit den Massnahmen gegen Corona – auch bei Grossveranstaltungen. Erstmals tritt die ganze Event-Branche vereint an die Regierung heran. SRF liegt das Positionspapier des Branchenverbandes SMPA vor. Verbandspräsident Christoph Bill sagt, was die Veranstalter vom Bundesrat erwarten.
SRF News: Die Höchstgrenze für Veranstaltungen könnte nun fallen – oder durch den Bundesrat bestätigt werden.
Christoph Bill: Wir wollen endlich Klarheit! Zurzeit gilt die 1000er Grenze bis Ende August. Wenn sie aufgehoben würde, kommen wir erst gegen drei Monate später mit solchen Veranstaltungen in die Gänge, denn diese Vorlaufzeit braucht jeder Veranstalter – mindestens. Planung heisst, einen Zeithorizont zu haben. Den haben wir seit März nicht mehr.
Wir wollen eine schweizweit einheitliche Regelung für alle Kultur-Events. Heute herrscht ein Dschungel.
Was fordern Sie konkret?
Der Bundesrat soll alle 14 Tage die Situation prüfen, und uns sagen, was in drei Monaten gelten wird. Nur so können wir planen, nur so kann man vernünftigerweise eine Veranstaltung hochziehen. Entscheide alle paar Monate sind für uns Gift! In dieser Unsicherheit kauft kaum jemand ein Ticket – da kommt ein fast nicht berechenbares, wirtschaftliches Risiko dazu.
Ihr Positionspapier ist zwei Seiten lang. Was erwarten Sie noch?
Wir wollen eine schweizweit einheitliche Regelung für alle Kultur-Events. Heute herrscht ein Dschungel für Veranstaltungsbewilligungen. Von Kanton zu Kanton, selbst von Gemeinde zu Gemeinde gibt es unterschiedliche Regelungen.
Das geht den Schulen auch so...
Ja, aber sie gehen nur an einem Ort zur Schule oder zum Coiffeur. Veranstalter der Eventbranche haben mit verschiedenen Kantonen und dutzenden Gemeinden zu tun! Nehmen Sie die Tournee von 77 Bombay Street. Die ist auf Oktober/November geplant. Stand heute muss der Veranstalter für fast jeden Halt ein eigenes Schutzkonzept erarbeiten: Am einen Ort gelten nur die Bundesvorgaben, an einem anderen hat der Kanton eigene und am dritten redet auch noch die Gemeinde mit.
Um Schutzkonzepte kommt auch die Event-Branche nicht herum.
Ja, aber wir möchten im Dialog mit einer Stelle endlich generelle Konzepte entwickeln können, die dann überall gelten. Zum Beispiel bezüglich der Unterscheidung von Indoor- und Outdoor-Veranstaltungen. Einfach eine Höchstzahl zu haben nützt nichts.
Haben Sie Schutzkonzepte beim Bund hinterlegt?
Ja, aber ich nehme an, in der Flut aller Konzepte sind unsere irgendwo auf einem Stapel gelandet.
Wie sieht Ihr Dialog mit BAG aus?
Lange gab es gar keinen. Erst letzten Freitag konnten wir mit Vertretern des Bundes zusammensitzen. Und das war gut.
Hat man Ihnen etwas versprochen?
Nein. Es gab eine erste Auslegeordnung, und wir konnten immerhin unsere Positionen darlegen.
Alle unsere Mitglieder haben Kurzarbeit beantragt.
Sie wollen auch den Erwerbsersatz und die Kurzarbeit verlängert haben – weit über ein Ende der Coronakrise hinaus. Warum?
Die Event-Branche kann nicht ab Tag X wieder Geld verdienen. Bis man wieder Geld verdienen kann, braucht es ziemlich lange – auch, wenn die Corona-Massnahmen dereinst ganz aufgehoben werden. Von allen unseren Mitgliedern – das sind 44 Agenturen – haben alle Kurzarbeit beantragt.
Wie klappte es bisher?
Wir haben die Ausfallentschädigung des Bundes, aber der Topf ist viel zu klein. Die Erwerbsersatzordnung ist sehr wichtig, läuft aber Mitte September aus. Wir haben jetzt Mitte August und bis heute immer noch keine Ahnung, wie es weitergeht. Leider bin ich nicht optimistisch, denn die Probleme werden immer grösser.
Das heisst?
Dass Existenzen kaputtgehen, Entlassungen kommen.
Wenn Sie einen Wunsch freihätten an den Bundesrat, dann …
Dann soll er mit wirtschaftlicher Unterstützung die kulturelle Vielfalt der Schweiz retten.
Das Gespräch führte Michael Perricone.