Sonderermittler Peter Marti kam in den Genuss einer wahren Mailflut. Angefordert hatte er lediglich die Mails von Bundesrat Alain Bersets damaligem Kommunikationschef Peter Lauener aus einem Zeitraum von sechs Wochen. Geliefert aber hat ihm das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) Laueners gesamten Mailverkehr. Über Jahre.
Das Finanzdepartement, zu dem das BIT gehört, urteilt klar: Das hätte nicht sein dürfen. Der heute auf Gesuch von Radio SRF veröffentlichte Untersuchungsbericht des Finanzdepartements führt das Fehlverhalten der Behörde darauf zurück, «dass die Mitarbeitenden eine bestehende Praxis unhinterfragt weitergeführt haben». Dies sei insbesondere im vorliegenden Fall «schwer nachvollziehbar».
Erst die zu viel gelieferten Mails führten Sonderermittler Marti auf die Spur von angeblich engen Kontakten zwischen Bundesrat Berset und dem Ringier Verlagschef Marc Walder und von angeblich systematischen Leaks an den Ringier Verlag.
Kein Einzelfall
Wollte jemand mit der kompletten Mail-Lieferung gezielt dem SP-Bundesrat Berset schaden? Einzelne sozialdemokratische Politiker haben Anfang Jahr diesen Verdacht geäussert. Und sie haben darauf hingewiesen, dass damals noch SVP-Finanzminister Ueli Maurer im Amt und somit zuständig war für das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation.
Wiesen Maurer oder sein Umfeld das BIT an, dem Sonderermittler ungefragt belastende Mails zu übermitteln? Der Untersuchungsbericht bestreitet dies. Dort heisst es: «Sowohl das BIT als auch das Generalsekretariat des Eidgenössischen Finanzdepartements verneinen übereinstimmend die Existenz einer solchen Weisung.» Diese Aussage decke sich auch mit den Feststellungen in der vorliegenden Untersuchung.
Nicht nur im Fall von Bersets ehemaligen Kommunikationschef Peter Lauener, sondern auch in weiteren Fällen habe das BIT viel zu viele Mails herausgegeben. Der Bericht nennt mindestens acht weitere vergleichbare Fälle aus den letzten fünf Jahren.
Persönlichkeitsrechte verletzt
Die Verantwortlichen vertraten jeweils den Standpunkt, sie könnten und dürften nicht auf Mailboxen zugreifen und gewünschte Mails herausfiltern. Der Untersuchungsbericht ist im vorliegenden Fall allerdings unmissverständlich: Peter Laueners Persönlichkeitsrechte seien verletzt worden mit der ungefilterten Herausgabe aller Mails.
Der Bericht wirft auch die Frage auf, ob die Verantwortlichen für die Herausgabe das Amtsgeheimnis verletzt haben. «Dies wäre gegebenenfalls in einem Strafverfahren zu prüfen», heisst es im Bericht.
Und tatsächlich bestätigt die Bundesanwaltschaft gegenüber Radio SRF, dass sie inzwischen Vorabklärungen eingeleitet hat in dem Fall. Der laxe Umgang mit heiklen Daten in der Bundesverwaltung ist jetzt also Sache der Justiz.