Was wird unter Einzelhaft verstanden? Darunter wird eine sehr strikte und strenge Absonderung von äusserst gewalttätigen Insassen verstanden, bei denen man jederzeit mit Übergriffen auf das Personal oder auch mit einer Selbstgefährdung rechnen muss. Klar zu unterscheiden davon ist die Einzelunterbringung, bei welcher die Gefangenen nur ausserhalb der Arbeits- und Freizeit eingeschlossen sind. Die Schweizer Praxis bei der Einzelhaft unterscheidet sich laut Strafvollzugsexperte Benjamin Brägger von der Praxis in autoritären Staaten: Die Gefangenen sind zwar sehr abgesondert, aber nicht komplett. So darf Brian zum Beispiel Musik hören oder auch seine Familie sehen.
In welchen Fällen darf eine Einzelhaft angeordnet werden? In drei Fällen: beim Antritt der Strafe und zur Einleitung des Vollzugs für die Dauer von höchstens einer Woche, zum Schutz des Gefangenen oder Dritter und als Disziplinarsanktion.
Wie viele Personen sind in der Schweiz momentan in Einzelhaft? Es gibt sechs geschlossene Anstalten – insgesamt sind darin etwa 30 bis 40 Personen einzeln inhaftiert. Die Kompetenz zur Anordnung und die Dauer der Einzelhaft als Schutz- und Sicherheitsmassnahme oder als Disziplinararrest werden durch das kantonale Recht geregelt. Laut dem Strafvollzugsexperten Brägger gibt es dabei massive Unterschiede.
Dürfen die Gefangenen die Zelle verlassen? Ja, während des Spaziergangs. Aber auch dort besteht eine strikte Isolation. Der tägliche Spaziergang an der frischen Luft von mindestens einer Stunde wurde durch das Bundesgericht für obligatorisch erklärt. In einem Urteil aus dem Jahr 2020 hat das Bundesgericht jedoch entschieden, dass äusserst gewaltbereite Insassen den Rechtsanspruch auf einen täglichen Spaziergang an der frischen Luft verwirken können, wenn diese diesen in missbräuchlicher Art und Weise benutzen, um das Anstaltspersonal zu beschimpfen, zu bedrohen und anzugreifen.
Für wie lange werden Gefangene einzeln inhaftiert? In der Regel werden in einem ersten Schritt sechs Monate angeordnet. Danach wird die Einzelhaft überprüft. Alle sechs Monate muss zudem mindestens eine Überprüfung des Zustandes der gefangenen Person gemacht werden.
Welche Argumente sprechen für und gegen die Einzelhaft? Positiv ist laut Brägger, dass unschuldige Menschen vor schweren Gewaltstraftaten, die bis hin zu einem Tötungsdelikt führen können, verschont bleiben. Negativ sei jedoch, dass die Einzelhaft den Gefangenen psychisch wie physisch massiv zusetze und sie auch Schäden davon tragen können.
Ab wann ist eine Einzelhaft schädlich? Laut Strafrechtsexperte Brägger ist strikte Einzelhaft, die ununterbrochen länger als drei Jahre dauert, problematisch. Mit dem Entscheid vom 24. März 2021 im Fall Brian erachtete das Bundesgericht jedoch eine rund zweieinhalb Jahre dauernde Einzelhaft in einer Sicherheitsabteilung für einen ausserordentlich gewalttätigen Insassen als verfassungs- und gesetzeskonform. Es wies jedoch darauf hin, dass sich bei unverändertem Haftregime die Frage eines menschenwürdigen Haftvollzugs auf die Dauer stelle.
Wie steht es um den finanziellen Aufwand? Klar sei, dass die intensive Betreuung in der Einzelhaft hohe Kosten verursache, so Brägger. Bei einer Zellenöffnung in einer Sicherheitsabteilung müssen aus Sicherheitsgründen immer mindestens drei speziell geschulte Vollzugsmitarbeitende anwesend sein, manchmal auch mehr. Ziel einer Anstalt sei es auch deshalb immer, dass die Gefangenen nur so kurz in Isolation sind, wie nötig.