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Kommt Brian in eine Psychiatrie? Seine Anwälte halten wenig davon
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 03.11.2021. Bild: Keystone
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Fall Brian Einzelhaft in der Schweiz: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Die letzte Antwort des Rechtsstaats auf gewalttätige Menschen ist die Einzelhaft. Mit dem Fall Brian rückt sie in den Fokus.

Was wird unter Einzelhaft verstanden? Darunter wird eine sehr strikte und strenge Absonderung von äusserst gewalttätigen Insassen verstanden, bei denen man jederzeit mit Übergriffen auf das Personal oder auch mit einer Selbstgefährdung rechnen muss. Klar zu unterscheiden davon ist die Einzelunterbringung, bei welcher die Gefangenen nur ausserhalb der Arbeits- und Freizeit eingeschlossen sind. Die Schweizer Praxis bei der Einzelhaft unterscheidet sich laut Strafvollzugsexperte Benjamin Brägger von der Praxis in autoritären Staaten: Die Gefangenen sind zwar sehr abgesondert, aber nicht komplett. So darf Brian zum Beispiel Musik hören oder auch seine Familie sehen.

Der Fall Brian

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Legende: Keystone

Brian befindet sich aktuell in der Strafanstalt Pöschwies in Regensdorf (ZH) in Einzelhaft. Er hat einen langen Weg durch zahlreiche Institutionen hinter sich. Als Jugendlicher sticht er mit dem Messer zu, es folgen Jugendstrafen, Psychiatrie, Massnahmen. Immer wieder landet er hinter Gittern, wegen Körperverletzungen, aber auch präventiv in ungerechtfertigter Haft.

2013 erscheint der damals 17-Jährige unter dem Namen «Carlos» in einem SRF-Dokfilm. Sein Sondersetting für monatlich 29'000 Franken und seine Thaibox-Stunden werfen hohe Wellen und machen den Fall «Carlos» politisch. Brians Gewaltbereitschaft und sein Widerstand bringen das Justizsystem an seine Grenzen. Gefängnisangestellte leiden unter seinen Drohungen und Ausrastern.

In welchen Fällen darf eine Einzelhaft angeordnet werden? In drei Fällen: beim Antritt der Strafe und zur Einleitung des Vollzugs für die Dauer von höchstens einer Woche, zum Schutz des Gefangenen oder Dritter und als Disziplinarsanktion.

Einzelhaft zu Beginn des Strafvollzugs

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Die Einzelhaft zu Beginn des Strafvollzugs wird in der Schweiz kaum mehr angewendet, denn vielfach waren die Eingewiesenen bereits während längerer Zeit im Rahmen der Untersuchungshaft in Einzelhaft untergebracht. Eine sofortige Integration in den Normalvollzug drängt sich deshalb auf. So könne man auch Haftschäden entgegenwirken, die die durch die strikte Abtrennung von anderen Gefangenen entstehen können, schreibt Benjamin Brägger, Lehrbeauftragter für Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht an der Universität Bern, in einem Artikel im schweizerischen Vollzugslexikon zum Thema Einzelhaft.

Wie viele Personen sind in der Schweiz momentan in Einzelhaft? Es gibt sechs geschlossene Anstalten – insgesamt sind darin etwa 30 bis 40 Personen einzeln inhaftiert. Die Kompetenz zur Anordnung und die Dauer der Einzelhaft als Schutz- und Sicherheitsmassnahme oder als Disziplinararrest werden durch das kantonale Recht geregelt. Laut dem Strafvollzugsexperten Brägger gibt es dabei massive Unterschiede.

Dürfen die Gefangenen die Zelle verlassen? Ja, während des Spaziergangs. Aber auch dort besteht eine strikte Isolation. Der tägliche Spaziergang an der frischen Luft von mindestens einer Stunde wurde durch das Bundesgericht für obligatorisch erklärt. In einem Urteil aus dem Jahr 2020 hat das Bundesgericht jedoch entschieden, dass äusserst gewaltbereite Insassen den Rechtsanspruch auf einen täglichen Spaziergang an der frischen Luft verwirken können, wenn diese diesen in missbräuchlicher Art und Weise benutzen, um das Anstaltspersonal zu beschimpfen, zu bedrohen und anzugreifen.

Für wie lange werden Gefangene einzeln inhaftiert? In der Regel werden in einem ersten Schritt sechs Monate angeordnet. Danach wird die Einzelhaft überprüft. Alle sechs Monate muss zudem mindestens eine Überprüfung des Zustandes der gefangenen Person gemacht werden.

Einzelhaft als letzte Antwort des demokratischen Rechtsstaats

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Ein Erfolg der Massnahme ist laut Benjamin Brägger die Regel. Bei den meisten Menschen sei die Einzelhaft ein kurzes Intermezzo. Danach könnten sie wieder in den sogenannten Normalvollzug gehen. Dabei gibt es im Schweizer Vollzug verschiedene Abteilungen, die die Insassen gezielt und ihren Bedürfnissen entsprechend auf die Entlassung und somit auf die Wiedereingliederung vorbereiten. So werden diese nach einer langen Isolation zuerst in kleineren Abteilungen wieder herangeführt.

Am Schluss sei die Frage der Einzelhaft auch immer eine Güterabwägung, so Brägger, denn lang andauernde Isolationshaft schädige den Menschen physisch und psychisch. «Es ist die letzte Antwort, die ein demokratischer Rechtsstaat auf Menschen hat, die zum Teil unkontrolliert Gewaltausbrüche haben oder gezielt andere Menschen schädigen wollen.»

Welche Argumente sprechen für und gegen die Einzelhaft? Positiv ist laut Brägger, dass unschuldige Menschen vor schweren Gewaltstraftaten, die bis hin zu einem Tötungsdelikt führen können, verschont bleiben. Negativ sei jedoch, dass die Einzelhaft den Gefangenen psychisch wie physisch massiv zusetze und sie auch Schäden davon tragen können.

Ab wann ist eine Einzelhaft schädlich? Laut Strafrechtsexperte Brägger ist strikte Einzelhaft, die ununterbrochen länger als drei Jahre dauert, problematisch. Mit dem Entscheid vom 24. März 2021 im Fall Brian erachtete das Bundesgericht jedoch eine rund zweieinhalb Jahre dauernde Einzelhaft in einer Sicherheitsabteilung für einen ausserordentlich gewalttätigen Insassen als verfassungs- und gesetzeskonform. Es wies jedoch darauf hin, dass sich bei unverändertem Haftregime die Frage eines menschenwürdigen Haftvollzugs auf die Dauer stelle.

Wie steht es um den finanziellen Aufwand? Klar sei, dass die intensive Betreuung in der Einzelhaft hohe Kosten verursache, so Brägger. Bei einer Zellenöffnung in einer Sicherheitsabteilung müssen aus Sicherheitsgründen immer mindestens drei speziell geschulte Vollzugsmitarbeitende anwesend sein, manchmal auch mehr. Ziel einer Anstalt sei es auch deshalb immer, dass die Gefangenen nur so kurz in Isolation sind, wie nötig.

Benjamin Brägger

Strafvollzugsexperte

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Der Jurist Benjamin Brägger ist Strafvollzugsexperte. Er war Führungskraft in Strafanstalten und Amtsleiter eines kantonalen Amtes für Justizvollzug und unterrichtet unter anderem an der Universität Bern.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 02.11.2021, 12:03 Uhr

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