Fasnacht – die einen lieben sie, die anderen hassen sie, und einigen ist sie schlichtweg egal. Zu welcher Gruppe jemand gehört, dürfte auch damit zusammenhängen, wo man lebt oder aufgewachsen ist. Denn in der Schweiz wird sehr unterschiedlich Fasnacht gefeiert.
Wie unterschiedlich zeigt sich, wenn man in die Kantone und Dörfer schaut. Hier finden Sie zu jedem Kanton einen Überblick – und erfahren Besonderheiten, Witziges, Ernsthaftes oder Interessantes über die verschiedenen Fasnachtstraditionen des Landes.
So wird die Fasnacht in Ihrem Kanton gefeiert
Immer schuldig: Hieronymus Füdlibürger
Der Kanton Aargau ist fasnachtsmässig zweigeteilt. Es gibt Regionen, in denen die Fasnacht kaum ein Thema ist (Zofingen, Aarau, Lenzburg). In den katholisch geprägten Gebieten (Freiamt, Fricktal, Baden) gibt es dagegen viele Traditionen.
Die Badener Fasnacht startet am Schmutzigen Donnerstag mit dem Gerichtsprozess gegen Hieronymus Füdlibürger. Die rund vier Meter hohe Figur ist ein Schelm, der mehr oder weniger für alles Schlechte verantwortlich ist, was im vergangenen Jahr in Baden, der Region und der Welt passiert ist. Am Ende entscheidet eine anonyme Jury über sein Schicksal. Das Verdikt lautet immer gleich: schuldig. Der Schultheiss – der Chef der Fasnacht – ruft darauf die lang ersehnten Worte: «Scharfrichter zünd aa, d Bademer Fasnacht fangt aa!» Unter tosendem Applaus verbrennt der mit Knallkörpern gefüllte Füdlibürger auf dem Scheiterhaufen.
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Bild 1 von 2. Mit einem feierlichen Umzug wird der Füdlibürger auf einem Wagen durch die Gassen ... Bildquelle: ZVG/Spanischbrödlizunft.
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Bild 2 von 2. ... zum Gerichtsplatz gebracht, wo ihm der Prozess gemacht wird. Bildquelle: ZVG/Spanischbrödlizunft.
Mit dem «Bloch»-Baumstamm unterwegs
Traditionell schliesst der Blochmontag im Appenzeller Hinterland die Fasnachtszeit ab. Beim «Bloch» wird jeweils ein Baumstamm auf einem Wagen durch das Land gezogen. Ursprung des Brauchs sind Waldbesitzer, die sich bei ihren Arbeitern mit einer geschenkten Tanne bedankten.
Beim Bloch gibt es Unterschiede, je nach Ort: In Herisau und Urnäsch ziehen erwachsene Männer den Baumstamm – in Hundwil, Stein und Schwellbrunn sind es hingegen Buben im Schulalter. Daher wird es auch «Buebebloch» genannt. Der «Goofebloch» in Urnäsch ist der einzige, bei dem auch Mädchen mitmachen dürfen.
Seit jeher anständig
An manchen Orten ist beziehungsweise war die Fasnacht ein Ort der dekorierten Beizen, in denen leichtbekleidete Frauen servierten oder tanzten. Nicht so in Appenzell: Die Behörden sorgen seit jeher dafür, dass Obszönes verboten bleibt. Es droht gar eine Strafe. Bereits 1980 berichtete SRF darüber. Wegen «provokativer Motive» an der Wand mit nackten Brüsten und Hintern gab es eine Busse von 630 Franken.
Närrisch wird es in Appenzell auch, vor allem bei den Kindern: Am Umzug «reiten» die «Botzerössli» durch das Dorf. Buben und Mädchen tragen dabei alte Feuerwehruniformen und tragen Holzrössli wie Rucksäcke. Damit die «Botzerössli» auch vorwärtskommen, werden sie von den «Trömmelibuebe» und «Trömmelimedle» angetrieben.
Die drei schönsten Tage
Die grösste Fasnacht der Schweiz beginnt direkt mit dem Highlight: dem Morgestraich. Um 4 Uhr am Montagmorgen gehen alle Lichter aus, und Hunderte Tambourmajoren schreien: «Morgestraich, vorwärts Marsch!» Ab dann ziehen Cliquen, Einzelmasken und sogenannte Schyssdräggziigli durch die Strassen und Gassen von Basel – sie musizieren und haben kleine Laternen auf dem Kopf. Grössere Cliquen haben zudem riesige Laternen, die oft von mehreren Personen gemeinsam getragen oder gezogen werden müssen.
Einige Cliquen halten durch bis zum Morgengrauen, andere verziehen sich schon bald in die erste Beiz und geniessen «Mählsuppe» oder «Zibelewaie». Nicht wenige trinken dazu Weisswein. Denn den Weisswein, so erzählt man sich in Basel, braucht man, um besser Piccolo zu spielen. Oder um Kraft zu tanken, um die Laternen besser tragen zu können.
Mit brennenden Besen durch Liestal
In der Baselbieter Kantonshauptstadt ist der «Chienbäse» ein archaisches Höllenspektakel. Am Sonntag nach dem Aschermittwoch, dem Vorabend des Basler Morgestraichs, ziehen jeweils Hunderte Menschen mit grossen brennenden Holzkonstruktionen – eben den «Chienbäse» – durch Liestal. Diese Holzbesen haben sie zuvor in langer Arbeit selbst gefertigt.
Am Umzug ebenfalls dabei sind etwa 20 Feuerwagen. Die Flammen der Feuerwagen züngeln bis an die Giebel der eng aneinander gebauten Altstadthäuser. Dieses Feuerspektakel mit Funken und Hitze lockt jedes Jahr Zehntausende nach Liestal. Und die Stadt mahnt auch die Besucherinnen und Besucher: Bitte keine Kleider aus leicht entzündlichen Stoffen tragen!
Närrisches Treiben in der Stadt und auf dem Land
Wenn die fünfte Jahreszeit beginnt, steht der Kanton Bern an einigen Orten ganz im Zeichen der Fasnacht. Die grössten Feiern steigen in Bern, Biel, Thun und Langenthal. In der Bundesstadt startet das Spektakel mit der traditionellen Bärenbefreiung, gefolgt von Guggenkonzerten und dem grossen Umzug durch die Altstadt.
In Biel sorgen maskierte Gestalten und wilde Rhythmen für ausgelassene Stimmung, ebenso in Thun. Doch auch kleinere Gemeinden feiern mit eigenen Bräuchen und Festen, gerade im Oberaargau an der Grenze zum katholischen Kanton Luzern.
Das wichtige T von Murten
Die Fasnacht hat im katholischen Kanton Freiburg eine lange Tradition, mit grossen Festen in den meisten grösseren Ortschaften. Zu den grössten gehören etwa die Bolzenfasnacht in Freiburg oder die Fastnacht Murten (ja, in Murten besteht man darauf, dass Fastnacht mit T geschrieben wird).
In der Stadt Freiburg bilden ein grosser Umzug und das Verbrennen des «Rababou» – einer grossen Puppe aus Pappmaché, die mit allem Unglück des vergangenen Jahres beladen wird – am Sonntag jeweils den Höhepunkt, dem Tausende Menschen beiwohnen. Und natürlich gehören auch bei den Fasnachten im Kanton Freiburg zahlreiche Guggenmusiken aus der ganzen Schweiz und feuchtfröhliche Abende mit bunten Verkleidungen und Konfetti zum Programm.
Die Escalade zählt wohl nicht
Im calvinistischen Genf ist es schwierig, Fasnächtlerin oder Fasnächtler zu sein. Denn: Es gibt kaum Veranstaltungen. Es war auch schon zu lesen, dass die Genferinnen und Genfer keine Fasnacht haben, weil sie sich immer noch von der Escalade im Dezember erholen. Am jährlich stattfindenden Fest ziehen Kostümierte und Pferde durch die gesäumten Gassen. Dabei geht es darum, an die erfolgreiche Verteidigung der Stadt gegen das Herzogtum Savoyen zu erinnern. Die Escalade aber zur Fasnacht zu zählen, wäre wohl vermessen.
Den «Fädäli Friitig» gerettet
Im Kantonshauptort Glarus findet jeweils nach dem Schmutzigen Donnerstag der «Fädäli Friitig» statt, ein beliebter Fasnachtsumzug mit Wagengruppen, Maskenprämierungen und einem rauschenden Partyabend. Der «Fädäli Friitig» stand einst auf der Kippe, woraufhin sich der Verein Fasnacht Glaris 2013 gründete. Am Samstag findet der sogenannte Sternmarsch statt.
Eine Sache des Tals
Vom Engadin und seinen Seitentälern bis über Davos und die Lenzerheide: In weiten Teilen Graubündens spielt die Fasnacht keine Rolle. Anders in den klassisch katholischen Gebieten: In der Surselva und im Churer Rheintal wird vielerorts gefeiert. Und auch im Misox spielt die Fasnacht eine bedeutende Rolle.
Eine interessante Ausnahme bildet Schiers: Mitten im traditionell reformierten Prättigau wird die Fasnacht hochgehalten. Und gegenüber kritischen Stimmen aus den Nachbargemeinden verteidigt.
Frauen im Brunnen
Im Kanton Jura lebt der Karneval. Strassenumzug, Maskenball, Volksfeste – das Programm ähnelt anderen Orten. Der «Carimentran», wie die jurassische Fasnacht auch genannt wird, hat Tradition. Die Veranstaltungsorte sind hauptsächlich Bassecourt, Courtételle, Delémont und Le Noirmont. Besonders ist vielleicht letzterer, wo die Sortie des Sauvages (Ausgang der Wilden) stattfindet. Dabei sind junge Männer als Waldwesen verkleidet unterwegs, um die schönsten Frauen des Dorfes zu rauben und ihnen ein Bad im Brunnen aufzuerlegen.
Urknall und Fötzeliräge
Schmudo, Punkt 5 Uhr: In der Stadt Luzern gibt es einen gewaltigen Chlapf. Ein Feuerwerk erhellt die dunkle Nacht. Entzündet auf einem Nauen, auf dem die Fritschi-Familie der Zunft zu Safran bereits ausgelassen tanzt und johlt. Der traditionelle Urknall über dem Seebecken läutet in Luzern die fünfte Jahreszeit ein.
Wenig später knallt es erneut, auf dem Kapellplatz beim traditionellen «Fötzeliräge» in der Altstadt: Sechs Millionen Papierschnipsel aus alten Telefonbüchern rieseln auf die Fasnächtlerinnen und Fasnächtler nieder. Darauf folgt das Orangen-Gewitter: Bruder Fritschi, das Oberhaupt der Zunft zu Safran, und sein Gefolge stärken die Menge mit Vitamin C für die nächsten Tage. Denn bis Dienstag geht es nun Schlag auf Schlag weiter – einige Highlights davon: Am Schmudo-Nachmittag wartet der erste grosse Fasnachtsumzug, am Güdismäntig lädt die Wey-Zunft zur traditionellen Tagwache und am Güdisdienstag laufen die Guggenmusiken am Monstercorso zum Grande Finale auf.
Warten bis April
Wer in Neuenburg nach Fasnacht sucht, wird fündig. Ein feuchtfröhliches Volksfest mit Guggenmusik, Beizen, Kostümen, geschminkten Gesichtern oder Tanzvorführungen gibt es, auch wenn nicht in der Grösse und mit derselben Bedeutung wie in den Hochburgen Basel und Luzern. Der wohl grösste Karnevalsumzug findet ziemlich spät statt: dieses Jahr vom 4. bis 6. April in Fleurier.
Wenn Guggenmusiken den Stanser Dorfplatz stürmen
Der Guggenüberfall ist fester Bestandteil der Nidwaldner Fasnacht. Immer am Samstag vor dem Schmutzigen Donnerstag erfolgt um 20:20 Uhr auf dem Stanser Dorfplatz der Urknall. Mit rund 3000 bis 4000 Fasnächtlerinnen und Fasnächtlern auf dem Dorfplatz zählt der Guggenüberfall zu den Höhepunkten der Nidwaldner Fasnacht.
Organisiert wird dieser Anlass vom Organisationskomitee Guggenüberfall. Entstanden ist die Tradition 1993. Einige Stanser Guggenmusiken taten sich damals zusammen. Die Idee war, dass jede Gugge mit Helferinnen, Helfern und Freunden eine Bar oder ein «Beizli» betreibt. Zuerst aber sollten sich die Guggenmusiken auf dem Dorfplatz zeigen – und zwar nicht nacheinander im Umzug, sondern aus jeder Gasse gleichzeitig. Der Stanser Dorfplatz soll also von den Guggen quasi überfallen werden. Seither geht es laut zu und her. Am nächsten Morgen ist der Spuk aber bereits wieder vorbei – und der Stanser Dorfplatz pünktlich zur Morgenmesse wieder blitzblank.
Die etwas kryptische Engelberger Brunnifasnacht
In Engelberg findet jedes Jahr die Brunnifasnacht am Fasnachtssamstag statt. Der Umzug durch das Klosterdorf beinhaltet verschiedene Guggenmusiken, vor allem aber präsentieren Dorfvereine und Gruppierungen ihre Fasnachtswagen. Dabei wird Geschehenes aus dem Dorfleben, aber auch das Weltgeschehen auf die Schippe genommen: Donald Trump auf einer Harley, die mit ihren Abgasen für ordentlich CO2 in der Luft sorgt, während Greta über den Ozean segelt. Oder Gianni Infantino, der sich mit seinen Scheich-Kameraden die Fussball-WM in Katar anschaut und dabei Geldscheine verteilt.
Traditionell gibt es immer ein Motto, das es zu entziffern gilt. Die Wörter sind in Engelbergerdialekt geschrieben und aneinandergereiht, so dass man kaum Chancen hat, wenn man des Dialektes nicht mächtig ist. Das Motto 2025: «Dochdenuleysligikristallbissäöifämännätä».
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Bild 1 von 3. Ob die WM-Vergabe nach Katar und Gianni Infantino, ... Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. ... die Atlantik-Überfahrt von Greta Thunberg oder ... Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. ... Donald Trump. Vieles wird an der Fasnacht durch den Kakao gezogen. Bildquelle: SRF.
Nördlichste Fasnacht der Schweiz
Im Kanton Schaffhausen findet die nördlichste Fasnacht der Schweiz statt, in der Gemeinde Thayngen. Sie gilt als eine der grössten Fasnachten der Region Schaffhausen. Gestartet wird am Aschermittwoch mit einer Kinderfasnacht. Tags darauf folgt am Donnerstag das urchige «Hemdglunggi». Einen grossen Umzug mit anschliessender Party gibt es jeweils am Samstag. Der Fasnachtssamstag gilt für viele als Höhepunkt der «fünften Jahreszeit».
Wie vielerorts zelebrieren auch im Kanton Schaffhausen mehrere Gemeinden ihre eigene Fasnacht. Nebst der Stadt selber etwa Ramsen oder Neuhausen.
Narrentänze und Nüsseln
An den Fasnachtstagen sind im Hauptort Schwyz und in weiteren Ortschaften des Talkessels die Maschgraden unterwegs. Sie tragen die traditionellen Figurenkostüme der Schwyzer Fasnacht (Blätz, Hudi, Domino, alter Herr und weitere), ziehen von Restaurant zu Restaurant und verteilen Orangen und Süssigkeiten an die Kinder. Unterwegs zeigen sie den Narrentanz: Das ist ein Hüpftanz auf den Zehenspitzen. Tambouren geben den Takt für das sogenannte Nüsseln vor.
Es finden auch Wettbewerbe statt, wer am besten nüsseln kann – an den sogenannten Preisnüsseln. Der Narrentanz unterscheidet sich je nach Ortschaft leicht. Und natürlich sind die Fasnächtlerinnen und Fasnächtler überzeugt, dass nur an ihrem Ort der «richtige» Narrentanz gezeigt wird.
Die «Chesslete»
Der Kanton Solothurn hat als katholisch geprägter Kanton eine ausgeprägte Fasnachtstradition. In vielen Gemeinden beginnt die Fasnacht in den frühen Morgenstunden des Schmutzigen Donnerstags mit der «Chesslete». Dabei ziehen die Chesslerinnen und Chessler in weissen Hemden, weissen Zipfelmützen und roten Halstüchern durch die Dörfer und Städte.
Sie tragen Glocken, Pfannendeckel oder Holz-Rätschen mit sich und veranstalten damit einen riesigen Lärm. So läuten die Teilnehmenden die Fasnacht ein und vertreiben den Winter. Den grössten Umzug mit mehreren Zehntausend Chesslern gibt es in der Stadt Solothurn, wo er um 5 Uhr morgens beginnt. Nach dem Umzug durch die Stadt wärmen sich die Chesslerinnen mit einer Mehlsuppe.
Geschwungene Schweineblasen
Am Schmutzigen Donnerstag ist in Wil ein wichtiger Fasnachtstag bereits vorbei: der Gümpeli-Mittwoch, der Tag der Wiler Tüüfel. Nachmittags um vier wird das Rathaus gestürmt und der Stadtrat entmachtet. Für eine Woche regiert das Prinzenpaar die Stadt. Bei vielen Teufeln neben aufwändig selbstgebastelten Masken mit dabei: die «Sublootärä», eine behandelte, echte, mit Luft gefüllte Schweineblase an einem Stab, die Passanten vors Gesicht gehalten wird.
Der Kanton St. Gallen kennt zwei weitere Fasnachts-Hochburgen. Die eine ist Altstätten im Rheintal, wo der «Tschätteri»-Umzug am Samstag das Highlight darstellt. Die andere ist Mels im Sarganserland. Dort gibt es die sogenannte «Ihuttlätä» – ein «Huttli» ist ein Fasnächtler im Dialekt. Wegen ihrer grossen Fasnachtstradition wurden die Melser schon einmal als Ehrengäste an den Luzerner Urknall eingeladen.
Hauptprogrammpunkt Risotto
Im Tessin feiert praktisch jede Gemeinde ihren eigenen Carnevale. Die Feste ziehen sich über mehrere Wochen hin: Der Carnevale di Soazza begann 2025 am 15. Januar, der Carnevale di Arogno geht bis am 16. März. Zu den grössten Carnevali gehören der Rabadan in Bellinzona und die La Stranociada in Locarno.
In Ascona findet jeweils am Fasnachtsdienstag der Carnevale con Risotto statt, der als «lustigstes Fest des Jahres» bezeichnet wird. Der Hauptprogrammpunkt hier: ein grosser Topf Risotto, nach Belieben mit Luganighe angereichert, der typischen Tessiner Schweinswurst.
Die späteste Fasnacht der Welt?
Die Groppenfasnacht, gerüchteweise die «traditionsreichste Fasnacht in der Ostschweiz», gilt auch als die «späteste Fasnacht der Welt», denn sie findet erst drei Wochen vor Ostern statt, im Jahr 2025 vom 26. bis zum 30. März. Dann ist andernorts schon längst Fastenzeit.
Die Fasnacht in Ermatingen am Untersee entstand der Legende nach schon im 15. Jahrhundert. Es heisst, der Ursprung liege in einem altgermanischen Frühlingsfest der heimischen Fischer. Daher auch der Name: Eine Groppe ist ein Fisch, in Deutschland und der Schweiz heimisch.
Katzenmusik ist Ehrensache
Piraten, Bienchen oder Clowns: Eine kunterbunte Karawane Kostümierter zieht an den Fasnachtstagen durch die Ortskerne der Urner Gemeinden. Ihnen allen gemein ist: Sie laufen im Gleichschritt. Und spielen unisono den Katzenmusikmarsch. Mit den Instrumenten Trommel, Trompete oder Pauke. Immer und immer wieder. Mal kommt eine Trommlerin dazu. Mal springt ein Paukist ab. Hier kann jede und jeder mitmachen. Jederzeit. Bei dieser Fasnachtstradition von Kindesbeinen an dabei zu sein, ist Ehrensache im Kanton Uri.
Die Katzenmusik ist in Uri fest verankert. Ihren Ursprung hat sie aber vermutlich anderswo. In der Urner Variante der Katzenmusik haben wohl Soldaten der französischen Bourbaki-Armee ihre Spuren hinterlassen. Die Internierten in Altdorf spielten am Morgen jeweils den Reveil-Marsch. Die Melodie dieser Fanfare dürfte die Katzenmusik inspiriert haben. Genaueres weiss man allerdings nicht.
Mit eigenem Radio
In der protestantischen Waadt gibt es nur im Nordteil eine Fasnacht, das heisst: im Juragebiet. Heraus sticht der Carnaval Sainte-Croix. Auf seiner Webseite präsentiert sich der Anlass für 2025 in drei Zahlen: Die 39. Ausgabe, mit 10'000 Besuchenden, die erwartet werden, und 1200 Quadratmeter überdachter Party. Während der Fasnacht gibt es sogar einen eigenen Radiosender, bei dem 20 Leute mithelfen.
Auch Lausanne hat einen eigenen Karneval, dieser ist allerdings im Frühsommer und eher an den lateinamerikanischen Karneval angelehnt.
Wilde Masken und uralte Traditionen
Im Oberwallis beginnt die Fasnacht bereits im Januar – und sie ist mehr als nur Guggenmusik und Umzüge. Am bekanntesten sind die furchteinflössenden «Tschäggättä» aus dem Lötschental, deren handgeschnitzte Holzmasken zum Markenzeichen der Region wurden.
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Bild 1 von 3. Mit ihren handgeschnitzten Holzmasken, oft mit grimmigen Gesichtern verziert, verkörpern die «Tschäggättä» die dunklen Geheimnisse des Winters und die uralte Tradition des Vertreibens von bösen Geistern. Bildquelle: KEYSTONE/Valentin Flauraud.
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Bild 2 von 3. Im Saastal sind die «Göiggler» mit ihren Rossschwänzen unterwegs – die nicht nur zur Dekoration mitgeführt werden. Bildquelle: zvg/Saastal Tourismus AG.
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Bild 3 von 3. Die «Gnooggär-Füüdini» in der Region Leuk. Bildquelle: SRF/Sabine Steiner.
Ebenfalls mystisch: die «Göigeller» im Saastal oder die «Gnooggär-Füüdini» in der Region Leuk, die in Fell und Stofffetzen gehüllt mit Glocken durch die Dörfer ziehen. Fasnachtszünfte wie der Türkenbund in Brig oder die Drachentöter in Naters sorgen mit Festen wie dem «Gätsch» für ausgelassene Feierstimmung.
Ganz im Zeichen der Räbe
Die grösste Fasnacht im Kanton Zug ist die Räbefasnacht Baar. Der Räbevater ist das Oberhaupt, der Räbegäuggel die zentrale Symbolfigur der Baarer Tradition. Der «Räbegäuggel» ist ein verspieltes Wesen, gehörnt und mit Schellen gekrönt. Ausgerüstet mit Saublaatere ähnelt er einem kleinen Narrenteufel. Die Fasnachtsfigur trägt traditionell ein blau-weisses oder rot-weisses Oberteil, hat rote Backen und tiefblaue Augen. Entworfen hat sie Grafiker Eugen Hotz anno 1947 – die Fasnachtsgesellschaft Baar und damit die Räbefasnacht wurden am 13. Februar 1947, just zu dessen 30. Geburtstag, aus der Taufe gehoben.
Nomen est omen bei der Räbefasnacht: Bei seiner Inthronisation erhält der Räbevater eine echte Baarer Räbe im Sinne eines Reichsapfels. Die Baarer Räbefasnacht beginnt am Fasnachtssamstag mit der Aamuesetä: Vor dem Rathaus spielen Guggenmusiken, und die Kinder freuen sich auf die grosse Konfettischlacht. Am Sonntag folgt der grosse Umzug. Die Verbrennung des Räbechüng markiert am Güdelziischtig den Schlussakt.
Ein Hauch Lateinamerika im Niederdorf
In der Stadt Zürich wird die Fasnacht auf abwechslungsreiche Weise gefeiert. Eine besondere Veranstaltung ist das «Minira Guggestadl» auf dem Hirschenplatz im Niederdorf, wo während drei Tagen verschiedene Guggenmusiken primär mit lateinamerikanischen Klängen das Publikum begeistern. Auf dem Münsterhof sorgen zudem «New Orleans Jazz»-Kompositionen für ausgelassene Stimmung.
Obwohl Zürcherinnen und Zürcher nicht unbedingt als die typischen Fasnächtler gelten, erfreuen sich viele auch im Kanton Zürich an der farbenfrohen und lebhaften Jahreszeit. In der zweitgrössten Stadt des Kantons, in Winterthur, wird anlässlich der Fasnacht der Narrenbaum aufgestellt, bevor die Fasnachtsnarren für drei Tage feiern. Als besonders gelten auch die Fasnachtsumzüge in Urdorf und Bassersdorf. Sie locken jedes Jahr Tausende von Verkleideten und Schaulustigen an.