An der Delegiertenversammlung Anfang Februar fasste die FDP ihre Parole zur Trinkwasserinitiative und sagte Nein zum Umweltanliegen. Das Beispiel zeigt: So ganz auf Öko-Kurs ist die FDP nicht. Innerhalb der Partei gibt es allerdings Vertreterinnen und Vertreter, die auf mehr Klimaschutz drängen. So will etwa die Zuger FDP den Öko-Kurs der nationalen Partei stärker mitprägen – mit einer «blauen Ökologie».
Ein Vorkämpfer aus Zug
Cédric Schmid, Präsident der Zuger Stadtpartei und Vorstandsmitglied der kantonalen FDP, erklärt, die grüne Ökologie setze auf Verbote und Verzicht: Die Menschen sollten weniger fliegen und weniger Fleisch essen, um das Klima zu schonen. Die «blauen Ökologie» dagegen setze auf neue Technologien und Innovation.
Denn bei Zwang machten die Menschen nicht mit, ist der Zuger überzeugt. Mit klugen neuen Ideen hingegen funktioniere Klimaschutz. So nutze die Stadt Zug beispielsweise Seewasser, um Gebäude im Sommer zu kühlen und im Winter zu heizen.
Wir wollen zeigen, was effektive Ökologie ist, ohne dass man das Verhalten komplett verändert.
Oder die Recycling-Station Ökihof, die erweitert werden soll: Reparierbare entsorgte Produkte sollen allenfalls repariert und weiterverkauft werden können. Dieses Konzept der Kreislaufwirtschaft gehöre ebenso zur «blauen Ökologie», so Schmid.
Das Konzept der «blauen Ökologie»
Allerdings sind diese Ideen keine FDP-Erfindungen. Für die Kreislaufwirtschaft werben seit Jahren Sozialdemokraten, Grünliberale und Grüne.
Auch die «blauen Ökologie» als Schlagwort der Stunde ist keine FDP-Idee, sondern ein Konzept des deutschen Zukunftsforschers Matthias Horx. Er propagiert Umwelt- und Klimaschutz ohne Verzicht, dank technischem Fortschritt. Nicht staatliche Eingriffe sollen im Zentrum stehen, sondern Eigeninitiativen der Privatwirtschaft.
Parteipräsidentin Gössi als Triebfeder
Es ist ein wirtschaftsliberaler Traum, der auch bei Parteipräsidentin Petra Gössi gut ankommt. Sie freut sich, dass das Konzept jetzt auch in ehemals kritisch eingestellten Kantonen ankommt: «Da rennen wir offene Türen ein.»
Gössi will die Partei seit zwei Jahren ökologischer ausrichten und musste einigen internen Widerstand überwinden. Von einer Gegnerin des CO2-Gesetzes wechselte die FDP letztes Jahr zu den Befürwortern. Im Parlament unterstützte die FDP auch eine Flugticketabgabe, also eine staatliche Lenkungsabgabe.
Innovation hilft der Umwelt, aber auch den Arbeitsplätzen und Unternehmen.
Dies zeigt die Spannungen in der Partei auf der Suche nach einer gradlinigen Umweltpolitik auf. Für Gössi passt das neue Konzept mit dem Fokus auf neue Technologien bestens zur FDP: «Innovation hilft der Umwelt, aber auch den Arbeitsplätzen und Unternehmen.»
Da stellt sich die Frage, wie erfolgversprechend die «blauen Ökologie» ist und ob sie als Alternative zu staatlichen Vorgaben taugt.
ETH-Forscher: Kombination hat Chancen
Klimaforscher Reto Knutti an der ETH Zürich differenziert: Im Kampf gegen den Klimawandel nur auf Markt und neue Technologien zu setzen, greife zu kurz.
Es braucht Investitionen und starke politische Rahmenbedingungen.
«Die Vergangenheit zeigte, dass neue Technologien nicht spontan kommen, weil sie sich noch nicht lohnen» so Knutti. «Es braucht also Investitionen und starke politische Rahmenbedingungen.»
Laut Knutti braucht es eine Kombination aus neuen Technologien und Verhaltensänderungen. Es sei aber «extrem positiv», dass sich Wirtschaftsparteien und Firmen hinter den Klimaschutz stellten.