- Mit Ausbruch der Pandemie hat sich das gesellschaftliche Klima in der Schweiz stark aufgeheizt.
- Laut dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) liessen neue Massnahmen gegen Covid-19 die Zahl der Drohungen nach oben schnellen.
- Gemäss dem Fedpol-Bericht wurden im Jahr 2021 zunehmend Parlamentsmitglieder und Personen der Bundesverwaltung bedroht.
- Die Fedpol hat zudem insgesamt 187 Einreiseverbote erlassen – 92 davon wegen Terrorismus.
Von «Drohungen in Endlosschleife» spricht das Bundesamt für Polizei (Fedpol) in seinem Jahresbericht 2021. Schutzpersonen – etwa Bundesrätinnen, Bundesrichter oder Mitglieder des Parlaments – würden Drohungen oder «Unmutsbekundungen» dem Fedpol melden. Genauer wurden 1215 Drohungen im Jahr 2021 gemeldet.
Vor allem in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 ist die Zahl der gemeldeten und auch der tatsächlichen Drohungen stark gestiegen: Gab es 2019 noch 246 Meldungen und 18 tatsächliche Drohungen, waren es 2020 bereits 885 Meldungen und 64 tatsächliche Drohungen.
«Sie hauen in die Tasten»
Das Fedpol bringt die vermehrten Drohungen in Zusammenhang mit den Schutzmassnahmen, mit denen die Behörden in der Pandemie die Zahl der Ansteckungen, schweren Erkrankungen und Todesfälle senken wollten. Blutige Bildmontagen oder Drohungen – einst Briefe – würden heute in Mails, Posts und Kommentaren in digitalen Medien geäussert.
Corona war wie ein Dammbruch. Einige können ihre Wut über die Massnahmen nicht kontrollieren.
Die Sprache sei vulgär, der Ton drohend oder gar gefährlich drohend, heisst es im Fedpol-Bericht. Im Visier hätten die Absender Politikerinnen und Politiker und letztlich die Gesellschaft und die Demokratie. «Corona war wie ein Dammbruch. Einige können ihre Wut über die Massnahmen nicht kontrollieren. Sie hauen in die Tasten.»
Auf besonders beleidigende oder aggressive Äusserungen kann das Fedpol mit einem Grenzziehungsbrief oder einer Gefährderansprache reagieren. Die beiden Massnahmen sollen den Urheberinnen und Urhebern der Drohung klarmachen, dass sie sich an der Schwelle zur Strafbarkeit bewegten, wie das Fedpol schreibt.
Wer bedroht wird, kann zudem eine Strafanzeige einreichen. Geht es um Offizialdelikte wie Nötigung, Aufruf zu Hass oder Aufforderung zu Gewalt, nimmt das Fedpol von Amtes wegen Ermittlungen auf und macht Anzeige bei der Bundesanwaltschaft. Gefährderansprachen und Strafanzeigen gab es vergangenes Jahr in 120 Fällen von Drohungen.
Taskforce im Einsatz
Um soziale Medien und Webseiten nach Drohungen und Aufrufen zu militanten Aktionen gegenüber Magistratspersonen abzusuchen, setzte das Fedpol 2021 die Taskforce «Cymon» ein – das Kürzel steht für Cyber Monitoring. Allein von Mitte September bis Ende Jahr verarbeitete die Gruppe bis zu 4000 Nachrichten – und zwar täglich.