«Der Wald wäre schön, wenn es die Leute nicht gäbe.» Das sagt Revierförster Christian Becker. Er sagt das nicht mit Bitterkeit, sondern lacht dazu. Seine eigene Aussage scheint ihm wohl selbst absurd. Ein Förster, der sich für den Wald einsetzt, schimpft über Menschen, die den Wald so sehr lieben, dass sie ihn als Erholungsgebiet nutzen?
Becker ist mit einigen Kollegen dabei, oberhalb Grellingen BL einen Bergahorn zu fällen. Er legt sein Werkzeug zur Seite und beginnt zu erzählen: «Wir machen eine positive Auslese. Wir pflegen die Bäume, die wir in den nächsten 50 oder 60 Jahren fördern und behalten wollen.» Weil diese Platz beanspruchen, fällen die Förster nun den Bergahorn.
«Lasst uns Leben»-Plakate
Während solcher Baumfällarbeiten würde er vermehrt von Menschen angegangen, die glauben, er tue dem Wald etwas Schlechtes. Sprüche wie «haut ihr eigentlich den ganzen Wald um» höre er ab und zu. Manchmal würden daraus Gespräche entstehen, die «recht frustrierend sind», sagt Becker. Dann nämlich, wenn Beschimpfungen folgen – und das sei oft der Fall.
An Bäumen, die zum Fällen gekennzeichnet waren, habe er «Lasst uns Leben»-Plakate gefunden. Und einmal seien die Pneus der Waldfahrzeuge aufgestochen worden.
Forstwart Andreas Zuber erzählt gar von körperlichen Anfeindungen. «Neben Beleidigungen gibt es auch Leute, die auf uns zurennen oder aggressive Bewegungen machen. Holzstangen wurden uns auch schon hinterhergeworfen.»
Pandemie-Folgen?
Dass Förster angefeindet werden, ist allerdings keine Baselbieter Spezialität, so der Verband Schweizer Forstpersonal. Es geschehe in vielen Kantonen, meist nahe der Agglomeration.
Angefangen habe das vermehrte Schimpfen in der Coronazeit, so der Verband. Während der Pandemie hätten viele Menschen den Wald als Naherholungsgebiet entdeckt, die zuvor kaum im Wald gewesen seien.
Einige dieser neuen Waldfreundinnen und -freunde wissen offenbar nicht, dass das Fällen der Bäume längst nicht immer dazu dient, Holz zu ernten, sondern manchmal auch, um den Wald zu pflegen.
Genervte Spaziergängerinnen und Biker
Beim Amt für Wald beider Basel kennt man das Problem. Leiter Ueli Meier hat denn auch eine Empfehlung, die allerdings nicht in erster Linie an die Förster, sondern die Waldeigentümerinnen geht: Aufklärung. «Sie sind die Auftraggeber. Wenn sie selbst hin stehen und erklären würden, weshalb es Baumfällungen gibt, könnten sie das Personal etwas in Schutz nehmen.»
Zurück zu Revierförster Christian Becker. Er sucht nach Erklärungen, weshalb er und seine Kollegen vermehrt beschimpft würden. «Ich vermute, dass diese Menschen mit einem Groll in den Wald kommen. Dort sehen sie dann das gefällte Holz und nerven sich. Und wenn der Förster kommt, ist der Schuld an der Misere ihres ganzen Lebens.»
Auch Christian Becker wünscht sich mehr Aufklärung. Damit jene, die den Wald erst kürzlich lieben gelernt haben, verstehen, dass manche Bäume gefällt werden, um andern das Überleben zu garantieren.